Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
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6642 Entscheidungen
Unter der Überschrift „Opfer lag erschlagen auf dem Sofa“ berichtet eine Regionalzeitung über ein Verbrechen mit tödlichem Ausgang. Von dem Opfer wird ein Porträtfoto veröffentlicht. Sein Name wird vollständig genannt. Es wird auch darauf hingewiesen, dass der Mann homosexuell veranlagt war. Der junge Freund des Opfers, so die Zeitung weiter, habe die Tat gestanden. Die Tochter des Toten wendet sich dagegen, dass Name, Adresse und Foto angegeben wurden. Da der Vorname ihres Vaters sehr selten sei, reiche dieser aus, um Bekannte wissen zu lassen, um wen es sich handle. Der Vater habe sich im Hinblick auf sein Privatleben Anonymität gewünscht, die nun nicht mehr gegeben sei. Die Zeitung habe die Familie zum Gerede der Nachbarschaft gemacht und damit ihre – der Beschwerdeführerin – Gefühle und Privatsphäre verletzt. Sie wendet sich an den Deutschen Presserat. Verlag und Chefredaktion der Zeitung halten die Beschwerde für gerechtfertigt. Weder das Bild noch der Name des Toten hätten veröffentlicht werden dürfen. Die Zeitung habe sich bei der Tochter des Getöteten entschuldigt. Zur Erläuterung des Vorganges teilt die Zeitung mit, Staatsanwaltschaft und Polizei hätten bei einer Pressekonferenz den Namen des Toten mitgeteilt und auch das Foto verteilt. Das habe der Redakteurin den Eindruck vermittelt, dass zur Aufklärung der Tat eine Veröffentlichung gewünscht werde. Die Journalistin habe sich im Auftrag der Chefredaktion bei der Beschwerdeführerin entschuldigt und ihr angeboten, dass die Zeitung dies auch öffentlich zu tun bereit sei. Darauf sei von der Betroffenen verzichtet worden. Die Zeitung gibt ihren Fehler zu und bedauert ihn sehr. (2003)
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Unter der Überschrift „Rentnerin war auf der Hut“ berichtet eine Regionalzeitung über den versuchten Trickbetrug an einer älteren Frau. In dem Artikel wird ein Hinweis auf die „ethnische Minderheit“ gegeben, der die beiden Tatverdächtigen angeblich angehören. Beide werden in dem Beitrag auch als „Zigeuner“ bezeichnet. Der Verband Deutscher Sinti und Roma sieht einen Verstoß gegen den Pressekodex als gegeben an und wendet sich an den Deutschen Presserat. Wieder einmal werde deutlich, dass Polizei und Presse zusammen arbeiteten. Beide Personen würden zu Täterinnen stilisiert. Der Artikel stütze sich ausschließlich auf Vermutungen und Unterstellungen. Der Verband gehe davon aus, dass die Polizei per se den so genannten „Trickdiebstahl“ einer bestimmten Minderheit zuordne. Er fügt seinen Verdacht hinzu, dass die Zeitung offenbar – vielleicht auch zur Steigerung des Verkaufs – die Minderheit der Sinti und Roma zielgerecht diskriminiere. Der Chefredakteur der Zeitung teilt mit, der bearbeitende Redakteur habe wegen der polizeilichen Formulierung „ethnische Minderheit“ bei der Polizeidirektion nachgefragt und dabei die erläuternde Antwort „Zigeuner“ bekommen. Der Redakteur habe beide Begriffe verwendet, da er sie für das Verständnis der Meldung für wichtig gehalten habe. Der Chefredakteur hat den Kollegen mittlerweile schriftlich auf eine sensiblere Bearbeitung von polizeilichen Informationen verpflichtet. Auch der Begriff „ethnische Minderheit“ hätte redigiert werden müssen. Der Verband Deutscher Sinti und Roma habe sich im Übrigen nicht mit der Zeitung in Verbindung gesetzt. Auch habe es mit Ausnahme einer Zuschrift keine Reaktionen aus dem Leserkreis gegeben. (2003)
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„Lesen Sie mal, was im Knast so alles erlaubt ist“ titelt eine Boulevardzeitung, die über Freizeitangebote in deutschen Justizvollzugsanstalten (JVA) berichtet. Sie zeigt das Foto einer Stretchlimousine vor einer JVA. Ein Ausriss zeigt einen Häftling, der sich in diesem Auto zu einer Beerdigung fahren lässt. In dem Artikel wird unter anderem über Schwerverbrecher berichtet, die ohne Handschellen zwischen Kindern und Touristen in einem „Spaßbad“ planschten. Ferner wird ein Foto gezeigt, auf dem das Gebäude der JVA Straubing und ein Teil eines Wasserbeckens abgebildet sind. Das Foto trägt die Überschrift: “In der JVA Straubing können die Häftlinge im Pool schwimmen“. Der Beschwerdeführer, der in einer JVA die Gefangenenzeitung macht, kritisiert eine Passage des Berichts, wonach in der JVA Lübeck Schwerverbrecher einsitzen. Dort würden nur Kurzstrafen bis zu zwei Jahren vollzogen. Bei dem „Pool“ der JVA Straubing handle es sich um ein Löschwasserbecken, das im Sommer auch von Strafgefangenen als Schwimmbecken benutzt werden dürfe. Er vertritt ferner die Ansicht, dass es jedem Strafgefangenen selbst überlassen bleiben sollte, in welchem Auto er im Rahmen seiner Haftlockerung zu einer Beerdigung fährt. Er ruft den Deutschen Presserat an. Die Rechtsabteilung der Zeitung steht auf dem Standpunkt, es sei keineswegs einem wegen Betrugs verurteilten Strafgefangenen überlassen, mit welchem Auto er zu einer Beerdigung fahre. Dies sei eher eine Verhöhnung der Geschädigten und der Allgemeinheit. Geradezu absurd wirke die Darstellung des Beschwerdeführers im Hinblick auf den Pool in der JVA Straubing. Dabei handle es sich erkennbar um ein Schwimmbecken, bei dem nicht bestritten werden könne, dass es zumindest in den Sommermonaten von den Strafgefangenen genutzt werde. Mit der Angabe, dass in der JVA Lübeck nur Strafgefangene mit so genannten Kurzstrafen untergebracht seien, belege der Beschwerdeführer seine Unkenntnis oder wolle absichtlich täuschen. Der in der Berichterstattung angesprochene Fall des „Spaßbades“ habe in Norddeutschland zu einer erheblichen Welle der Empörung geführt. Es habe sich nicht um Täter mit kleinen Strafen gehandelt. Vielmehr sei es um zwei Insassen gegangen, die jeweils zu lebenslanger Haft verurteilt seien, einen Vergewaltiger und einen gefährlichen Räuber. (2003)
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Eine Bürgerin einer Stadt, die zu einer türkischen Stadt partnerschaftliche Beziehungen unterhält, ärgert sich darüber, dass ihre Verdienste um das Zu Stande kommen dieser Partnerschaft bei deren zehnjährigem Bestehen mit keinem Wort erwähnt werden. Sie schickt an die Zeitung am Ort einen Leserbrief und ärgert sich noch einmal, als sie den gedruckten Brief liest, denn die Redaktion hat ihren Text in einem Punkt verändert. Sie hatte einen heimischen Politiker mit Namen genannt, der mit seiner Frau jedes Jahr kostenlosen Urlaub im Gästehaus der türkischen Partnerstadt mache und sich dort noch rühme, er habe die Städte-Freundschaft in die Wege geleitet. Statt dieser Formulierung findet sich jetzt die Anmerkung in den Brief, dass jedes Jahr Politiker der Stadt dort ihren Urlaub machen und alle jetzt von der Stadt für besondere Verdienste um die Städtepartnerschaft geehrt werden. Ein Landtagsabgeordneter und eine Ratsfrau aus der betroffenen Stadt tragen den Vorgang dem Deutschen Presserat vor. Die Zeitung habe den Leserbrief nicht nur gekürzt, sondern auch inhaltlich verfälscht. Durch das Weglassen des Politikernamens, den die Autorin des Leserbriefes gemeint habe, habe die Lokalredaktion billigend in Kauf genommen, dass die Beschuldigungen gegen andere Politiker – auch die Beschwerdeführer – umgemünzt werden. Im Hinblick darauf, dass die Beschwerdeführer SPD-Mitglieder seien und die Zeitung sich in letzter Zeit durch nicht sachgerechte Berichterstattung gegenüber Teilen der SPD hervorgetan habe, müsse davon ausgegangen werden, dass bewusst eine Sinn entstellende Änderung des Leserbriefes erfolgt sei, um damit den Beschwerdeführern vorsätzlich zu schaden. Die Redaktionsleitung des Blattes weist diese Vorwürfe zurück. Richtig sei, dass der Leserbrief gekürzt, abwegig sei jedoch, dass der Brief inhaltlich verfälscht worden sei. Der Name des Politikers, den die Leserbriefschreiberin in Zusammenhang mit dem Vorwurf der Vorteilsnahme genannt habe, sei bewusst weggelassen worden, um den Leserbrief zu „entschärfen“. Diese Veränderung sei notwendig gewesen, weil die Behauptung der Leserbriefschreiberin nicht hätte ungeprüft veröffentlicht werden dürfen. (2002)
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Eine Regionalzeitung berichtet über einen alkoholkranken Obdachlosen, der eine öffentliche Toilette blockiert. Der Autor vergleicht diesen Zustand mit einem Vorfall in einer Lufthansa-Maschine auf dem Flug nach München im Jahre 1981, in der ein bekanntes amerikanisches Musikgenie unter Drogeneinfluss den „einzigen erreichbaren 1.-Klasse-Pott“ besetzt gehalten habe. Der bekannteste Obdachlose der Stadt mache sich gerade desselben Verbrechens schuldig und ahne nicht mal den Notstand vor der Tür des innerstädtischen „Penner-Palastes“. Der Beitrag schildert zugespitzt, aber auch einfühlsam das Schicksal des Mannes, der sich freiwillig für das Leben auf der Straße entschieden habe. Doch das liege weit zurück. Längst taumele der Alkoholiker von Aufenthaltsort zu Aufenthaltsort. Rufe wie „Hier ist die Polizei. Machen Sie auf!“ kämen in seiner Birne einfach nicht mehr an. In diesem Kopf sei nämlich nichts mehr richtig verdrahtet. Das Ding sei hin. Der Alkohol habe es ruiniert. Gott habe den erwähnten Amerikaner 1995 zu sich geholt. Vielleicht spiele er schon Gitarre im Himmelsorchester. Der Autor schließt das Porträt des Obdachlosen mit der Frage: „Was machen wir bloß mit P.?“ Ein Leser des Blattes legt den Beitrag dem Deutschen Presserat mit der Feststellung vor, hier werde die Menschenwürde eines offensichtlich alkoholkranken Obdachlosen in schlimmster Weise missachtet. Menschenverachtende Formulierungen steigerten sich in dem unglaublichen Aufruf zum Totschlag. Die Chefredaktion betont, der verantwortliche Redakteur sei den Lesern des Lokalteils als Schreiber bekannt, der regelmäßig auf sozialkritische Themen eingehe. Daher könne an der Zielrichtung seiner Artikel kein Zweifel bestehen. Einen Aufruf zum Totschlag, wie der Beschwerdeführer den Schluss des Artikels deute, könne die Chefredaktion beim besten Willen nicht erkennen. Der Beitrag habe zu einer Fülle von Leserbriefen geführt. Diese seien zu einem großen Teil abgedruckt worden, und zwar sowohl die kritisierenden Meinungsäußerungen als auch die zustimmenden Briefe. Um möglichen Fehleinschätzungen und Missdeutungen in der Leserschaft vorzubeugen, habe der Leiter der Lokalredaktion zwei Tage nach Erscheinen des Artikels einen Kommentar veröffentlicht und das Anliegen des Kollegen interpretiert, der sich bislang helfend für den Obdachlosen eingesetzt und weitere Hilfe angemahnt habe. (2003)
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„Lust will gefüttert werden“ – unter dieser Überschrift veröffentlicht eine Regionalzeitung ein angebliches Interview mit dem Leiter des Instituts für Sexualwissenschaften an einem großen Klinikum. Dessen Rechtsvertreter teilt mit, das Interview habe nie stattgefunden. Die zitierten Äußerungen seien zudem teilweise inhaltlich falsch und unseriös. Der Ruf des Klinikums und des renommierten Instituts sei durch die Veröffentlichung empfindliche beeinträchtigt worden. Er schaltet den Deutschen Presserat ein. Die Chefredaktion der Zeitung teilt mit, der fragliche Beitrag stamme von einer Berliner Agentur. Diese habe die Zeitung seit vielen Jahren mit Beiträgen beliefert, ohne dass es zu Beanstandungen gekommen sei. Aufgrund des Vorgangs habe man den Vertrag mit dieser Agentur jedoch gekündigt. Die Leiterin der Agentur erklärt, das „Interview“ sei ihr von einer Mitarbeiterin per E-Mail zugeschickt worden. Diese habe versichert, sie habe das Interview Zeile für Zeile präzise wiedergegeben. Allerdings sei ein Jahr zuvor entstanden, so dass sich der „interviewte“ Professor vielleicht deshalb nicht mehr erinnern könne. (2002)
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Eine Regionalzeitung berichtet in vierspaltiger Aufmachung über den tragischen Tod einer jungen Frau in der Türkei. Der Artikel ist mit einem großen Foto illustriert, das das spätere Opfer und den Täter zeigt. In einem Bericht über den Beginn der Badesaison war das Foto zwei Jahre zuvor schon einmal veröffentlicht worden. Ein Leser der Zeitung hält die jetzige Veröffentlichung für pietätlos. Es habe wohl kaum ein Einverständnis der Eltern der Toten vorgelegen, das in ganz anderem Zusammenhang vor Jahren gemachte Foto noch einmal zu veröffentlichen. Der Balken über den Gesichtern der Dargestellten sei allenfalls ein juristisches Feigenblättchen. Er wendet sich an den Deutschen Presserat. Die Chefredaktion der Zeitung räumt ein, in dieser sensationsheischenden Weise hätte das Bild nicht erscheinen dürfen. Aber das sei wohl eher eine Geschmacksfrage. Das Foto sei mit Einverständnis der später getöteten jungen Frau im Rahmen einer Sommerreportage über Schwimmbäder in der Stadt aufgenommen und veröffentlicht worden. Nach dem Verbrechen habe ein Leser die Redaktion darauf aufmerksam gemacht, dass das damalige Bild sowohl das Opfer wie auch den Täter gezeigt habe. Die Zeitung ist der Ansicht, dass durch die Tat, ihre spektakulären Umstände und die Veröffentlichungen in vielen anderen Medien Opfer und Täter zu relativen Personen der Zeitgeschichte geworden seien. Man habe in dem Foto deshalb ebenfalls ein Dokument der Zeitgeschichte gesehen. Die Zeitung, so der Chefredakteur, habe sich verpflichtet, das Foto nicht mehr zu veröffentlichen. Gleichzeitig habe er den Eltern der Getöteten ein Gesprächsangebot gemacht. Es habe nicht in der Absicht der Zeitung gelegen, das Andenken an die junge Frau durch die missglückte Aufmachung zu belasten. (2003)
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Ein Boulevardblatt berichtet unter der Überschrift „Die Sex-Akte Michael Jackson“ über ein TV-Interview, in dem es um einen zehn Jahre zurückliegenden Fall geht. Damals war der Popstar beschuldigt worden, einen damals 12-jährigen Jungen sexuell missbraucht zu haben. Ein weiblicher Fan Michael Jacksons kritisiert in dem Beitrag mehrere falsche Behauptungen. So sei es falsch, dass der Staatsanwalt aufgrund des TV-Interviews erste Ermittlungen eingeleitet habe. Weiterhin sei es nicht korrekt, dass der zehn Jahre alte Fall „geöffnet, aber inaktiv“ sei. Auch sei die Behauptung falsch, Jackson habe dem Jungen umgerechnet 23 Millionen Euro Schweigegeld gezahlt. Die Beschwerdeführerin, die den Deutschen Presserat einschaltet, kritisiert außerdem die Formulierung „Michael Jackson scheint auf direktem Weg in den Knast“. Diese Behauptung sei ehrverletzend. Insbesondere würden in dem Beitrag auch die Persönlichkeitsrechte von Michael Jackson und Jordan Chandler verletzt. Dies geschehe durch die Veröffentlichung der zehn Jahre alten eidesstattlichen Aussage von Chandler, die nicht in die Presse gehöre. Die Rechtsabteilung der Zeitung teilt mit, Jackson habe im Rahmen einer neunzigminütigen Dokumentation eingestanden, schon mit vielen kleinen Jungen in einem Bett geschlafen zu haben. Dies habe zu einer heftigen Diskussion geführt. Die Sendung, die in den USA und in Großbritannien ausgestrahlt wurde, habe bei vielen Menschen Empörung ausgelöst, auch wenn Jackson sexuelle Kontakte zu den Kindern bestritten habe. (2003)
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