Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
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6642 Entscheidungen
Unter der Überschrift „Sado-Maso-Folter live im TV!“ berichtet eine Boulevardzeitung, dass sich eine „Big-Brother“-Kandidatin vor laufender Kamera eine Brustwarze habe durchstechen lassen. „Warum lässt sich dieses Mädchen vor der TV-Kamera quälen?“ fragt das Blatt in einer zweiten Schlagzeile, schildert die Piercing-Szene und zitiert abschließend Politiker, Jugendschützer und Medienforscher, die sich kritisch zu dem Vorgang äußern. Drei Fotos zeigen die betroffene junge Frau auf einem Tisch liegend, während ein Piercing-Fachmann Hand anlegt. Daniela habe offenbar nicht gewusst, worauf sie sich eingelassen habe. Das Piercing habe unglaublich weh getan. Die Zeitung spricht von widerlichen Bildern und stellt entrüstet fest, dass im „Schmuddel-TV“ alle Schamgrenzen fallen. Die Frauenbeauftragte eines Landkreises sieht in der Veröffentlichung eine Verletzung der Menschenwürde und einen Verstoß gegen die Würde der Frauen, da hier unmenschliche Gewaltanwendung verharmlost werde. Sie bekundet gegenüber dem Deutschen Presserat, dass die Fotos über die Grenze des Erträglichen gehen. Die Überschrift „Sado-Maso-Folter live im TV!“ suggeriere, dass hier tatsächlich Folterpraktiken gezeigt würden. Auch wenn die betroffene Person das Piercing mit ihrem Einverständnis habe machen lassen, so sei die Darstellung auf dem Foto dennoch nicht zumutbar. Nach Ansicht ihres Frauenforums handele es sich hierbei um eine Misshandlung, erklärt die Beschwerdeführerin. Diese suggeriere, dass Gewalt und Demütigung akzeptabel seien, soweit Menschen dabei freiwillig mitmachen. Angesichts zahlloser misshandelter, vergewaltigter Frauen und Kinder sei es nicht hinzunehmen, dass solche Szenen öffentlich dargestellt werden mit dem Ziel, Zuschauer- und Leserquoten zu erhöhen. Die Rechtsabteilung des Verlages kann in der Veröffentlichung keine Verstöße gegen den Pressekodex sehen. Körperpiercings seien eine modische Erscheinung, bei der nicht nur das schmückende Element im Vordergrund stehe, sondern auch der Schmerz beim Stechen selbst als Grenzerfahrung Teil des Trends sei. Dabei sei bei Männern wie auch bei Frauen das Piercen der empfindlichen Brustwarze offensichtlich eine besondere Herausforderung. Mit Demütigung oder sexualisierter Gewalt habe dieses Phänomen jedoch nichts zu tun. Piercing sei zwar ein kontroverses Thema, jedoch spiele die Diskriminierung von Frauen in der Diskussion darüber keine Rolle. Vielmehr gehe es darum, ob diese Form der Selbstverschönerung noch mit den guten Sitten vereinbar sei. Genau diese Kontroverse nehme der kritisierte Artikel auf. Dass die Überschrift recht polemisch formuliert sei, möge nicht jedem Geschmack entsprechen, stelle jedoch keine Verletzung der presseethischen Grundsätze dar. In dem Beitrag werde weder Gewalt verharmlost, noch als akzeptabel dargestellt. Die Assoziation des Piercing-Aktes mit einer Folterszene drücke gerade das Unverständnis über eine derartige Selbstverstümmelung aus und sei eine legitime Meinungsäußerung. Zudem würden in dem Beitrag auch kritische Stimmen über die Sendung veröffentlicht. Die junge Frau habe das Piercing ausdrücklich und selbstbestimmend in Auftrag gegeben und sei mit der Ausstrahlung der Szene einverstanden gewesen. Sie habe die spektakuläre Aktion bewusst veranlasst, um ihren Bekanntheitsgrad zu steigern. Darüber hinaus hätten sich alle Containerbewohner für die Teilnahme an der Sendung honorieren lassen. Schon deshalb scheide eine Verletzung der Menschenwürde als Argument gegen die Veröffentlichung aus. Die Fotos zeigten zudem keine Gewaltanwendung und seien nicht brutal. Sie zeigten einen Eingriff, der mit einer Schönheitsoperation vergleichbar sei. Dies sei mittlerweile in den Medien üblich. Außerdem lasse sich am Gesichtsausdruck der jungen Frau deutlich ablesen, dass sie nicht fremdbestimmt und kein Opfer von Gewalt sei. Es gehöre zu den Aufgaben einer Zeitung, sich auch mit spektakulären Entwicklungen in den Medien auseinander zusetzen. Setze man die Kritik der Beschwerdeführerin fort, so wäre künftig jede Berichterstattung über ähnliche Themen stark erschwert und eine kritische Auseinandersetzung mit Formaten wie „The Swan“ würde unmöglich werden. Es könne nicht im Sinne des Pressekodex sein, Kritik an Medienphänomenen dieser Art wegen angeblicher Gewaltverherrlichung zu beschneiden. (2004)
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Unter der Überschrift “Berliner Forscher: Krebs besiegt” kündigt ein Boulevardblatt in großer Aufmachung eine medizinische Sensation an: Charité-Ärzte hätten den ersten Impfstoff gegen Leukämie entwickelt. Das Mittel stärke das Immunsystem der Patienten. Dadurch würden die wachsenden Krebszellen bekämpft. Bei zwei Patienten sei der Impfstoff schon mit Erfolg eingesetzt worden. Die Zellen hätten sich zurückgebildet. Die Zeitung zitiert den Chef der Hämatologie. Der Impfstoff, eine Mischung aus künstlichem Eiweiß und Präparaten aus der Meeresschnecke, bewirke, dass sich die Leukämiezellen nicht mehr vermehren können, sondern absterben. Die neue Therapie schlage jedoch nicht an, wenn der Blutkrebs zum ersten Mal auftrete. Somit könne der Stoff lediglich ein Wiederauftreten der Leukämie stoppen. Die Ankündigung veranlasst einen Leser des Blattes zu einer Beschwerde beim Deutschen Presserat. Er kritisiert eine unangemessen sensationelle Berichterstattung über ein medizinisches Thema im Sinne von Ziffer 14 des Pressekodex. Durch den Beitrag entstehe der irreführende Eindruck, als sei die Forschung bereits abgeschlossen. Eine Stellungnahme der Zeitung liegt dem Presserat nicht vor. (2004)
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Unter der Überschrift “Chaoten, was tut ihr diesem Kind an?” berichtet eine Boulevardzeitung, dass 2000 Linke 150 Neonazis eingekesselt und am Marsch durch die Stadt gehindert hätten. Eines der Fotos, die den Beitrag illustrieren, zeigt ein kleines Mädchen zu Füßen von Polizisten und dahinter sitzend seinen Vater. Ein dicker roter Pfeil weist von der Überschrift zu dem Foto des Kindes. Drumherum hätte es Sitzblockaden und Straßenschlachten gegeben, seien Steine geflogen, hätten Barrikaden gebrannt, schreibt das Blatt. In diesem Chaos hätte das kleine Mädchen gespielt. Vater und Kind gehörten zu den Gegendemonstranten. Der Vater beschwert sich beim Deutschen Presserat über die Bildveröffentlichung. Das Foto seiner Tochter sei eindeutig ein Porträtfoto, zu dessen Veröffentlichung es seiner Einwilligung bedurft hätte. Der Fotograf hätte dazu Gelegenheit gehabt. Er selbst sei dagegen nicht in der Lage gewesen, mit dem Fotografen Kontakt aufzunehmen, da er sich hinter der Polizeikette befunden habe. Diese Situation sei in unlauterer Weise ausgenutzt worden. Zudem könne hier von einer “wahrhaftigen Unterrichtung der Öffentlichkeit” nicht die Rede sein. Während der Protest überwiegend friedlich und in einer volksfestartigen Atmosphäre verlaufen sei, zeichne der Artikel, indem er wenige Auseinandersetzungen am Rande in den Mittelpunkt stelle, ein Bild von Straßenschlachten, Chaos und Gewalt. Möge man die Schilderung der Gesamtsituation noch als Wiedergabe einer fragwürdigen, aber als solche zu akzeptierenden Autorenmeinung bezeichnen, so sei der Abdruck des Fotos in diesem Zusammenhang und die Schilderung der Situation, in der es entstanden sei, schlichtweg falsch. Das Bild sei fernab von den Orten, an denen wesentlich später eine Bierflasche geflogen sei und Müllcontainer angezündet worden seien, entstanden. Wie auf dem Foto zu erkennen sei, hätten sich die Gegendemonstranten ruhig und in keiner Weise aggressiv verhalten. Die Polizisten hätten zu diesem Zeitpunkt bereits ihre Helme abgelegt. Die Lage sei völlig unbedrohlich und seine Tochter keiner Gefährdung ausgesetzt gewesen. Das emotionsträchtige Bild eines kleinen Kindes vor martialisch anmutenden Polizeistiefeln sei geeignet, seinen Ruf als Vater zu schädigen sowie ihn und sein Kind zu gefährden. Auf rechten Internetseiten und in Flugblättern würden nämlich regelmäßig “Jagdaufrufe” mit Fotos von “linken” Gegendemonstranten veröffentlicht. Die Rechtsabteilung des Verlages hält die Beschwerde für unbegründet. Bei der Versammlung habe es sich um eine nicht genehmigte Demonstration gehandelt. Aufgabe der Polizei sei es gewesen, die angemeldete Demonstration der Neonazis zu bewachen und notfalls auch gegen die Gegendemonstranten vorzugehen. Auf Grund dieser Situation sei es nicht ungefährlich gewesen, mit einem kleinen Kind an dem Protest teilzunehmen. Aus der Sicht des Fotoreporters und der Redakteurin vor Ort habe der Beschwerdeführer dadurch, dass er mit seinem Kind direkt vor der Polizeikette gesessen habe, das Kind den drohenden Gewalttätigkeiten direkt gegenübergestellt. Für die indirekte Bezeichnung als “Chaot” habe sich die Redaktion bei dem Vater des Kindes entschuldigt, wenngleich es sich um eine zulässige Wertung gehandelt habe. Die Anfertigung und Veröffentlichung des Fotos sei zulässig gewesen. Der Fotograf habe in Sichtweite des Beschwerdeführers gestanden. Dieser hätte sich also leicht dagegen aussprechen können, fotografiert zu werden. Er habe die Aufnahme jedoch gebilligt und direkt in die Kamera geschaut. Dadurch, dass er an der nicht angemeldeten Gegendemonstration teilgenommen habe und dabei von einem Kleinkind begleitet worden sei, sei er ein besonders auffälliger Teilnehmer dieser Sitzblockade gewesen. Die Veröffentlichung einer Einzelaufnahme von ihm und seiner Tochter sei daher nach dem Kunsturhebergesetz zulässig gewesen. Im Übrigen sei die Beteiligung eines Kindes im Krabbelalter an einer Sitzblockade ein Ereignis der Zeitgeschichte von großem Informationsinteresse. (2004)
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Unter der Überschrift „Mit Datendiebstahl gegen Hartz IV?“ berichtet eine Tageszeitung über einen Politologen, der mit fragwürdigen Methoden gegen die Sozialreformen der Bundesregierung mobil mache. Der Professor ermuntere Mitaktivisten zu überaus heiklen Aktionen. Er wolle die Betroffenen mobilisieren und dafür Rechtsbrüche riskieren. Die Zeitung zitiert einen Kollegen des Aktivisten, der Zweifel äußert, ob ein Hochschullehrer zu zivilem Ungehorsam aufrufen sollte. Das Blatt verweist darauf, dass solche Aktivitäten für die Arbeit an der Uni nicht viel Zeit ließen. Auf der Homepage seines Instituts seien ganze neun Publikationen des „Teilzeit-Professors“ aufgeführt. Deshalb sei es kein Wunder, wenn ein anderer Kollege des Politologen sage, er kenne ihn „nicht als Wissenschaftler, sondern nur als Kampagnenmacher“. Auch der so Zitierte sei ebenso, wie ein weiterer Kollege, ungefragt auf die Liste der Aufrufer gesetzt worden. Ein Leser der Zeitung schreibt an den Deutschen Presserat und äußert die Ansicht, dass mit der reißerischen Überschrift des Beitrages beim Leser der Eindruck erzeugt werde, der Professor habe eine hohe kriminelle Energie. Es werde zudem für die Leser, die das zitierte Dokument nicht kennen, die nicht überprüfbare Behauptung aufgestellt, der Betroffene habe die Namen von Kollegen, ohne dazu autorisiert zu sein, unter einen politischen Aufruf gegen „Hartz IV“ gesetzt. Außerdem werde der falsche Eindruck erweckt, der Politologe habe in mehr als 20 Jahren nicht mehr als neun Veröffentlichungen, deren wissenschaftlicher Gehalt dazu noch in Frage gestellt werde, zustande gebracht. Damit werde von dem Wissenschaftler ein Bild gezeichnet, das ihn zu einem Deppen auf einem Lehrstuhl erkläre. Die Redaktionsleitung der Zeitung erklärt in ihrer Stellungnahme, es sei unstrittig, dass der Politologe gedroht habe, die Hartz IV-Gesetze durch Publizierung von relevanten Personaldaten zu stoppen. Dies gehe aus seinem Strategiepapier hervor. Die Überschrift sei daher sachlich gerechtfertigt und nicht reißerisch. Das Fragezeichen deute die noch nicht vollendete Tatabsicht an. Auch in einem Gespräch mit dem Verfasser des Beitrages habe der Professor nochmals betont, dass er und seine Mitstreiter die Möglichkeit hätten, sich die Hartz IV-relevanten Daten zu besorgen. Unstrittig sei auch, dass der Betroffene die Namen zweier Kollegen auf die Liste gesetzt habe, ohne mit ihnen über ihre Nennung zu sprechen. Ebenfalls korrekt sei, dass auf der Homepage des genannten Instituts ganze neun Publikationen des Wissenschaftlers aufgelistet seien. (2004)
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Unter der Überschrift “Ulla Schmidt frohlockt” kommentiert eine Regionalzeitung die Auswirkungen der Gesundheitsreform. Unter Bezugnahme auf die Praxisgebühr schreibt die Autorin: “Und dass Beamte und Politiker beim Doktor-Hopping eigentlich auch belastet werden sollten, hat man in Berlin erfolgreich vergessen.” Ein Leser hält diese Aussage für falsch und beschwert sich beim Deutschen Presserat. Wahr sei, dass am 1. Januar 2004 die Änderungen im Gesundheitswesen der gesetzlichen Krankenversicherungen auch in den Beihilfevorschriften für Beamte, Richter und Versorgungsempfänger in Kraft getreten seien. Bezüglich der Praxisgebühr heiße es darin: “Pro Kalendervierteljahr wird für jede erste Inanspruchnahme eines Arztes, Zahnarztes oder Psychotherapeuten durch den beihilfeberechtigten Angehörigen jeweils ein Betrag in Höhe von 10 Euro von der Beihilfe abgezogen.” Diese Regelung habe er der Redaktion mitgeteilt und daraufhin die Antwort erhalten, dass er selbstverständlich Recht habe. Die danach von ihm angemahnte Korrektur sei jedoch nicht erfolgt. Der stellvertretende Chefredakteur des Blattes räumt ein, dass die kritisierte Passage in dem Meinungsbeitrag zum Zeitpunkt der Veröffentlichung nicht korrekt gewesen sei. Der Fehler sei jedoch nicht absichtlich gemacht worden, sondern beruhe auf einem Missverständnis der Kollegin beim Lesen der Unterlagen. Eine Woche nach der Veröffentlichung habe die Redaktion das Schreiben des Lesers mit dem Hinweis auf den Fehler erhalten. Eine Richtigstellung habe man auf Grund der inzwischen vergangenen Zeit nicht mehr für sinnvoll erachtet. Drei Monate später habe eine Umfrage unter den Krankenkassen Gelegenheit gegeben, den Tatbestand korrekt wiederzugeben. Der Redaktion sei klar, dass dieses Vorgehen den Richtlinien des Presserats nicht buchstabengetreu entspreche. Man wolle sich jedoch an den Kodex halten und habe deshalb beschlossen, an prominenter Stelle der Zeitung eine wiederkehrende Korrekturspalte einzurichten. (2004)
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Eine Lokalzeitung veröffentlicht eine Glosse über die Kundenfreundlichkeit im Verlagsort. Der Autor braucht ein Überbrückungskabel, weil der Anlasser seines Autos vor der abendlichen Heimfahrt nach einem langen Arbeitstag nur noch müde schnauft. Die Hoffnung, der Tankwart der unweit gelegenen Tankstelle könne doch eben auf dem Nachhauseweg einen Schlenker über den Parkplatz direkt gegenüber machen und mit einem Kabel aushelfen, erweist sich als trügerisch. Ein Kabel hat der Mann, rüberkommen könnte er auch, will er aber nicht. Er mache heute nichts mehr, sagt er. Da hilft weder Bitten noch Betteln, kein Hinweis auf die regelmäßige Kundschaft, noch lautes Schimpfen. Der Autor der Glosse wundert sich nicht, dass der Bundesverband der Tankstellen mit Sitz in der Stadt einen Umsatzrückgang um 18 Prozent beklagt. Er will nach diesem Erlebnis sein Benzin künftig an einer Automatentankstelle kaufen. Null Service bekomme er dort auch, aber günstiger. In Vertretung des Pächters der Tankstelle beschwert sich der Einzelhandelsverband der Region beim Deutschen Presserat über die falsche Wiedergabe des Geschehens. Der Autor der Glosse habe nicht um Hilfe gebeten, sondern den Tankstellenbesitzer angeschrien, er müsse ihm helfen, er sei dazu verpflichtet. Er selbst sei schließlich Mitarbeiter der örtlichen Zeitung. Diese lautstark eingeforderte Hilfestellung habe der Pächter der Tankstelle abgelehnt, da er einen 13-stündigen Arbeitstag hinter sich gehabt habe und der Wagen des Journalisten 200 m entfernt auf einem Parkplatz geparkt gewesen sei. Dazwischen befinde sich eine vierspurig ausgebaute Hauptverkehrsstraße. Der Mann habe gerade seine Tankstelle abschließen wollen und auf Grund des Auftretens des Autofahrers kein Bedürfnis mehr verspürt, diesem zu helfen. Nach Erscheinen des Artikels habe man sich bei dem Chefredakteur des Lokalteils über die verzerrende und geschäftsschädigende Darstellung des Vorfalls beschwert. Eine Woche danach sei der Autor des Beitrages in der Tankstelle erschienen und habe dem Pächter geschäftlichen Schaden angedroht, so weit dies nicht schon mit seinem Artikel geschehen sei. Er werde noch weitere Möglichkeiten nutzen, ihm geschäftlich zu schaden. Er habe gehört, dass eine bestimmte Firma bei ihm tanke. Er werde sehen, ob sich daran etwas drehen lasse. Für dieses Gespräch gebe es Zeugen, betont der Beschwerdeführer, der das Auftreten des Journalisten in der Tankstelle als schlichtweg dreist bezeichnet. Der Chefredakteur der Zeitung ist der Ansicht, dass die Glosse bis auf die Identifizierung der Tankstelle für Ortskundige nicht zu beanstanden sei. Obwohl zu dem Vorgang zwei offensichtlich unterschiedliche subjektive Wahrnehmungen vorlägen, sei der grundlegende Sachverhalt, nämlich die Ablehnung der Dienstleistung, aber wohl unstrittig. Dies habe er in einem Schreiben auch dem Tankstellenpächter erklärt. Obwohl der Verfasser der Glosse, ein Austauschvolontär, die in der Beschwerde aufgeführte Verlaufsdarstellung seiner Gespräche mit dem Tankstelleninhaber bestreite, sei sein Verhalten eindeutig zu beanstanden. Der Volontär habe seine journalistische Funktion für persönliche Zwecke missbräuchlich genutzt. Damit habe er dem Ansehen der Zeitung geschadet. Er sei von der Chefredaktion auf sein Fehlverhalten hingewiesen und mündlich abgemahnt worden. Zudem habe er sich bei dem Tankstellenpächter entschuldigen müssen. Von weitergehenden disziplinarischen Maßnahmen habe man auf Grund der Befristung des Ausbildungsverhältnisses abgesehen. Auch die Chefredaktion selbst habe sich schriftlich bei dem Pächter für das Fehlverhalten ihres Volontärs entschuldigt. Mit dieser Reihe von Maßnahmen ist nach Ansicht des Chefredakteurs das Verhalten hinreichend sanktioniert. (2004)
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Unter der Überschrift „Amtliche Endergebnisse“ berichtet eine Regionalzeitung knapp zwei Wochen nach der Landtagswahl über die Bekanntgabe der amtlichen Endergebnisse durch den Landeswahlleiter. Ein Leser kritisiert in einer Beschwerde beim Deutschen Presserat, dass die Leser nicht darüber unterrichtet werden, dass er die Wahl angefochten habe. Zugleich beklagt er sich über „politische Schweinereien“ aller Art, welche der Öffentlichkeit vorenthalten würden. So seien bei einer Wahlkampfveranstaltung der SPD unter den Augen der Medienvertreter Hartz IV-Plakate der DVU mit Plakaten der SPD überklebt worden. Keiner der Medienvertreter hätte jedoch über diese Straftat berichtet. Wer Zeuge einer Straftat werde und diese nicht zu Anzeige bringe, begehe selbst eine Straftat. Der Chefredakteur des Blattes erklärt in seiner Stellungnahme, der Redaktion sei nicht bekannt gewesen, dass der Beschwerdeführer die Wahl angefochten habe. Man habe keinen entsprechenden Hinweis durch den Landeswahlleiter erhalten. Der Beschwerdeführer habe bereits die Bundestagswahl 2002 angefochten, besitze mittlerweile 20 Ordner mit Dienstaufsichtsbeschwerden und Anzeigen gegen Bundes-, Landes- und Kommunalpolitiker sowie Beamte. Der Mann, so müsse man es leider ausdrücken, sei stadt- und landesweit als Querulant bekannt. Die Leserbriefredaktion habe im Jahr 2004 dennoch zwei Briefe von ihm veröffentlicht, und zwar nach Rücksprache und Überarbeitung, weil sie in der Rohfassung unverständlich gewesen seien. (2004)
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Ein Leser einer Regionalzeitung schickt der Redaktion einen Leserbrief, in dem er zu einem Wirtschaftskommentar des Blattes Stellung nimmt. Zu Beginn seines Schreibens vermerkt er, dass er darum bitte, etwaige Kürzungen vorher mit ihm abzusprechen. Der Leserbrief erscheint unter der Überschrift “Das Wachstum ist natürlich begrenzt”. In dem Text wird die Frage gestellt: “Wirtschaftswachstum, das blüht, wenn die Wirtschaft wächst ?” Der Autor ist verärgert und schreibt an den Deutschen Presserat. Sein Brief sei sinnentstellend gekürzt worden. Seine Frage habe ursprünglich wie folgt gelautet: “Wirtschaftswachstum – stellvertretend für das ganze Gesellschaftssystem in seiner ganzen Vielfalt, das blüht, wenn die Wirtschaft wächst?” Die Redaktion habe sich nicht an seine Bitte gehalten, etwaige Kürzungen vorher mit ihm abzustimmen, und damit die Regelung in Richtlinie 2.6, Absatz 4, missachtet. Die Chefredaktion der Zeitung entgegnet, die vom Beschwerdeführer beanstandete Kürzung sei nicht aus inhaltlichen, sondern aus technischen Gründen bei der Endfertigung der Seite erfolgt. Leider habe zu diesem Zeitpunkt das Original des Leserbriefes mit dem Kürzungsvorbehalt dem bearbeitenden Redakteur nicht vorgelegen. Die Chefredaktion weist darauf hin, dass sich die Redaktion auf ihren Leserbriefseiten Kürzungen vorbehält. Mache ein Leserbriefschreiber jedoch einen Kürzungsvorbehalt, so halte man sich daran. (2004)
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Ein Ehepaar sendet verschiedene Leserbriefe an die örtliche Zeitung. Diese werden zum Teil in bearbeiteter Form veröffentlicht. Zum Teil wird die Veröffentlichung abgelehnt. Bei zwei weiteren Briefen, die von mehreren Personen unterzeichnet waren, wird nur jeweils ein Absender genannt. Die Namen der Mitunterzeichner, darunter auch die des Ehepaares, werden nicht veröffentlicht. Daraufhin beschweren sich der Leserbriefschreiber und seine Frau beim Deutschen Presserat. Einmal missfällt ihnen, dass ihre Briefe sinnentstellend gekürzt wurden. Zudem kritisieren sie die Streichung ihrer Namen unter den beiden Briefen mehrerer Einsender. Beide sehen in der Handlungsweise der Redaktion eine “Strafaktion”. Die Redaktion gehe gegen demokratische Leserbriefschreiber vor, weil man sie als missliebige Querulanten beurteile. Die Chefredaktion der Zeitung betont, sie orientiere sich bei der Veröffentlichung von Leserbriefen an dem Pressekodex. Die Zurückweisung eines Leserbriefes sei mitnichten eine Strafaktion gegen Verfasser missliebiger Meinungen. Jede Leserbriefseite enthalte den Hinweis, dass die Redaktion sich sinnwahrende Kürzungen vorbehalte. Sollte für einen Brief ein Kürzungsverbot vorliegen, schicke man das Schreiben zur Bearbeitung an den Verfasser zurück. Von einer Einschränkung gesetzlich garantierter Meinungsfreiheit könne keine Rede sein, da in Richtlinie 2.6, Absatz 2, des Pressekodex nachzulesen sei: “Der Verfasser hat keinen Rechtsanspruch auf Abdruck seiner Zuschrift.” (2004)
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