Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3!

Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.

Sie haben Fragen zu unseren Sanktionen? Hier finden Sie Erläuterungen.

 

Entscheidungsjahr
6642 Entscheidungen

Redaktion hätte sorgfältiger prüfen müssen

Eine Regionalzeitung berichtet unter der Überschrift „Die ´Anti-Putin-Tablette´ ist gefragt“ über Jodtabletten, die bei Unfällen in Kernkraftwerken zum Einsatz kommen und aufgrund der aktuellen Kriegslage in der Ukraine gefragt seien. Die Zeitung zitiert eine pharmazeutisch-technische Assistentin aus einer örtlichen Apotheke. Der zufolge seien selbst mit dem derzeit knappen hoch dosierten Präparat (65 Milligramm) aus Österreich 56 Tabletten nötig. Dieses Präparat sei zuletzt zum Beispiel von Menschen im Raum Aachen eingenommen worden. Der Beschwerdeführer kritisiert eine Falschinformation über die Dosierung eines Arzneimittels. Die tatsächliche Dosierung sei eindeutig festgelegt und jedermann im Internet einsehbar. Sie sei altersabhängig. Die Dosierung liege zwischen einer viertel Tablette für Neugeborene bis zu zwei Tabletten für Erwachsene. Die Zeitung – so der Beschwerdeführer - weigere sich trotz mehrfacher Aufforderung, eine Richtigstellung zu veröffentlichen. Der Chefredakteur der Zeitung gibt dem Beschwerdeführer Recht. Der Autor des kritisierten Beitrages habe einen Fehler gemacht. Er bedauert, dass keine Richtigstellung erfolgt sei.

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Redaktion hätte besser recherchieren müssen

Eine Regionalzeitung berichtet online unter der Überschrift „Bezirksregierung will bis Sonntag über Radschnellweg entscheiden“ unter anderem über Proteste zum geplanten Verkehrsprojekt. Während etwa 200 Menschen auf dem Rathausplatz demonstriert hätten, seien auf der Sondersitzung der Bezirksvertretung noch einmal Argumente für und wider die Radschnellroute diskutiert worden. Ein Leser der Zeitung sieht in dem Teaser, verbunden mit dem dazugestellten Foto, einen Verstoß gegen Ziffer 1 des Pressekodex. Im Teaser werde von 200 Demonstranten gesprochen. Diese Behauptung erzeuge bei der Leserschaft den Eindruck, dass 200 Personen gegen den „Radschnellweg“ demonstriert hätten. Richtig sei jedoch, dass zwei unterschiedliche Demonstrationen stattgefunden hätten und rund 130 Demonstranten sich für diesen Radwegausbau ausgesprochen hätten. Der zuständige Ressortleiter teilt mit, es hätten der Redaktion keine exakten Informationen darüber vorgelegen, wie viele Personen für und wie viele gegen die Baumaßnahmen demonstriert hätten. Man habe sich in der Redaktion darauf beschränkt, von insgesamt rund 200 Personen zu schreiben. Quelle sei die Polizei vor Ort gewesen. Da beide Demonstrationsgruppen weit voneinander gestanden hätten, sei es technisch nicht möglich gewesen, beide Gruppen auf einem Foto zu erfassen. Man habe sich für das optisch eindrucksvollere Bild entschieden. Dass es unter den Demonstranten auch Befürworter der Baumfällungen und damit des Radwegausbaus gegeben habe, habe ein Redakteur in einem Kommentar dargestellt. Der Ressortleiter weist vor diesem Hintergrund die Beschwerde als unbegründet zurück.

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Redaktion bedient sich nicht privilegierter Quelle

Eine Großstadtzeitung beschäftigt sich in einem Online-Beitrag mit den am häufigsten übersetzten Büchern. Das meistübersetzte deutsche Buch – so die Zeitung – sei „Das Parfüm“ von Patrick Süskind, das in 49 Sprachen übersetzt worden sei. Ein Leser widerspricht dieser Darstellung. Das am häufigsten aus dem Deutschen übersetzte Werk sei das Kinderbuch „Bin ich klein?“, das über 200mal in andere Sprachen übertragen worden sei. Trotz eines entsprechenden Hinweises an die Redaktion habe diese keine Richtigstellung vorgenommen. Die Zeitung nimmt zu der Beschwerde nicht Stellung.

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Eine Explosion hat gar nicht stattgefunden

Eine regionale Boulevardzeitung veröffentlicht einen Artikel unter der Überschrift „Schiff ´beschossen´ Polizei fassungslos. Explosion von Köln bis Duisburg zu hören“. Der Beitrag informiert darüber, dass ein mit Ethanol beladenes Tankmotorschiff in Köln vom Ufer aus mit Feuerwerksraketen beschossen worden sei. Am Ende des Artikels heißt es, dass die Explosion bis Duisburg zu hören gewesen wäre, wenn die Raketen das Ethanol entzündet hätten. Ein Leser der Zeitung kritisiert die Überschrift. Sie erwecke den Eindruck, als hätte es die Explosion tatsächlich gegeben. Der Redaktionsleiter gibt dem Beschwerdeführer weitgehend recht. Das Wort „wäre“ hätte unbedingt in die Überschrift gemusst. Leider habe das Vier-Augen-Prinzip in der Redaktion in diesem Fall versagt. Sie habe den Fehler schnell bemerkt und schon vor dem Bekanntwerden der Beschwerde korrigiert.

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Die Tat geschah in aller Öffentlichkeit

Eine Boulevardzeitung berichtet online über den Prozess gegen einen 28-jährigen Mann, der seinen Vater angezündet und getötet hat. Der Angeklagte wird als „Jooris-Torben F.“ bezeichnet. Zudem werden zwei Fotos von ihm veröffentlicht. Sein Gesicht ist mit Augenbalken verfremdet. Das Opfer wird als „Ulrich F. (58)“ bezeichnet. Sein Arbeitsplatz wird genannt. Auch von ihm veröffentlicht die Redaktion ein stark verfremdetes Foto. Ein Leser der Zeitung wendet sich mit einer Beschwerde an den Presserat. Er sieht eine Verletzung des Persönlichkeitsschutzes. Die Rechtsabteilung des Verlages vertritt die Ansicht, dass der Täter durch die Berichterstattung nicht identifizierbar wird. Sein Nachname wird nicht genannt; auf dem Foto trage er eine FFP2-Maske. Zusätzlich sei das Foto durch einen Augenbalken verfremdet. Unabhängig davon wäre auch die Veröffentlichung seines Namens und eines Fotos von einem berechtigten öffentlichen Interesse gedeckt, da es sich bei dem ihm vorgeworfenen Delikt um eine schwere Tat handele, die in aller Öffentlichkeit geschehen sei. Auch die Art und Dimension lasse eine identifizierende Berichterstattung zu, da der Angeklagte seinen Vater getötet und dann versucht habe, etwaige Spuren durch einen Hausbrand zu verdecken. Auch eine Verletzung des Opferschutzes – so die Rechtsvertretung weiter – sei in diesem Fall nicht gegeben, da auch hier eine identifizierende Darstellung nicht vorliege.

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Nationalität eines Verdächtigen genannt

Eine Sonntagszeitung berichtet über ein mutmaßliches Sexualverbrechen. Die Überschrift lautet: „Mädchen (11) vergewaltigt! Afghane in U-Haft“. Im Text des Beitrages heißt es, in einem Park „solle“ ein elfjähriges Mädchen Opfer eines Sexualverbrechens gewesen sein. Der mutmaßliche Täter sei gefasst worden, stelle die Ermittler jedoch vor ein Rätsel. Der Jugendliche sitze in U-Haft, habe aber keinen Ausweis. Seine Identität sei unklar. Er schweige zu dem Vorwurf. Sein Anwalt – so die Zeitung – habe der Polizei gesagt, er sei ein unbegleiteter minderjähriger Flüchtling. Ein Leser der Zeitung vermutet einen Verstoß gegen Ziffer 12, Richtlinie 12.1, des Pressekodex. Er kritisiert die Redaktion. Sie hätte die Nationalität des Verdächtigen nicht nennen dürfen. Zudem werde in der Überschrift behauptet, was im Text korrekt als Mutmaßung dargestellt werde. Die Rechtsabteilung des Verlages widerspricht der Beschwerde. Ein Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot nach Ziffer 12 des Pressekodex sei nicht ersichtlich. Bekanntlich sei die Nennung der Nationalität nach Richtlinie 12.1 des Kodex zulässig, wenn ein begründetes öffentliches Interesse daran bestehe. Die Rechtsvertretung verweist auf den Text im Artikel, der diesen Satz enthalte: „Der mutmaßliche Täter ist gefasst, doch er stellt die Ermittler vor ein Rätsel.“ Sie vertritt die Auffassung, dass der Verdacht einer besonders schweren Straftat für das Bestehen eines begründeten öffentlichen Interesses spreche. Im Bericht werde nirgends in verallgemeinerter Form von der Person des Verdächtigen auf die Volksgruppe der Afghanen geschlossen. Die Rechtsvertretung hält am Ende ihrer Stellungnahme fest, dass die Frage des „Wer?“ zu den traditionellen „fünf W´s“ informativer Medienberichterstattung gehöre. Das Verschweigen oder die Verschleierung der Tatsache, dass der Betroffene Angehöriger einer bestimmten Nationalität sei, widerspreche dem traditionellen Selbstverständnis von der Presse als Chronistin des Zeitgeschehens.

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Bericht ist unangemessen sensationell

Eine Regionalzeitung berichtet über eine über 40 Jahre zurückliegende Tötung einer 13-Jährigen. Das Mädchen war nach einem Besuch bei seiner Großmutter auf dem Heimweg erstochen worden. Der Artikel ist Teil einer Serie, in der die Redaktion an Verbrechen in der Region erinnert. Die Zeitung nennt mehrfach den Vornamen des Opfers und erwähnt auch ein Lied, das später mit der Mordtat als Thema geschrieben wurde. Zum Beitrag gestellt ist ein Bild von dem damaligen Fahndungsaufruf der Polizei, der auch den Familiennamen des Mädchens enthält. Der Wohnort der Großmutter und der Tatort werden genannt. Zudem enthält der Beitrag eine Skizze mit dem Weg des Mädchens vom Wohnort der Großmutter bis zum Tatort. Auf der Skizze ist das Haus der Großmutter durch eine Markierung hervorgehoben. Nach Meinung eines Lesers der Zeitung verstößt der Beitrag gegen mehrere presseethische Grundsätze. Es bestehe kein den Opferschutz überwiegendes Interesse an der detaillierten Schilderung des Mordes an einem Kind, der 40 Jahre zurückliege. Der Beschwerdeführer bezeichnet die mehrfache Wiederholung des Vornamens des Opfers als reißerisch und journalistisch durch nichts zu rechtfertigen. Die Chefredakteurin der Zeitung betont, dass die Redaktion bei ihrer täglichen Arbeit stets den Pressekodex beachte. Zum konkreten Fall stellt sie fest, dass der Schutz des Opfers in dem Bericht gewahrt worden sei. Das Opfer sei nicht identifizierbar. Das Privatleben des Opfers sei im Bericht nicht erwähnt worden. Für ein überwiegendes öffentliches Interesse und damit eine Berichterstattung auch Jahre später spreche die außergewöhnlich schwere und in ihrer Dimension besonders schwere Straftat.

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Nationalität des mutmaßlichen Täters genannt

Ein regionales Wochenblatt veröffentlicht einen Artikel mit der Überschrift „Italiener rammt Kollegen ein Messer ins Herz“. Im Beitrag geht es um den Prozess gegen einen 39-Jährigen wegen versuchten Totschlags. Die Nationalität des Mannes wird auch im Text genannt. Ein Leser des Blattes kritisiert die Nennung der Nationalität des Angeklagten. Die Redaktionsleiterin teilt mit, dass die beanstandete Überschrift nach reiflicher Abwägung und Diskussion in der Redaktion entstanden sei. Sie habe in einem eigenen Beitrag begründet, warum die Redaktion diese Überschrift gewählt habe. Sie steht auf dem Standpunkt, dass für die Angabe der Nationalität des Angeklagten ein begründetes öffentliches Interesse vorgelegen habe. Die Tat sei auf einer Nordseeinsel mit 1000 Bewohnern begangen worden, wo jeder jeden kenne. Eine derartige Straftat erwecke schon deshalb ein besonderes öffentliches Interesse. Die Tat habe sich in einer Gemeinschaftsunterkunft abgespielt, in der ausschließlich italienische Restaurantmitarbeiter lebten. Das Opfer sei Italiener. Auch alle anderen Beteiligten seien Italiener. Zwischen Tat und Nationalität bestehe in diesem Fall ein Zusammenhang. Der Streit, der Tatort und die beteiligten Personen seien als Einheit zu sehen. Bei dem Angeklagten handele es sich nicht um einen einheimischen und auch keinen x-beliebigen Restaurantmitarbeiter. Dies dürfe die Leserschaft bereits durch die Überschrift erfahren.

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Text enthält werbliche Bestandteile

Das Online-Portal einer Regionalzeitung veröffentlicht einen Beitrag unter der Überschrift „33 Prozent günstiger: So sparen Sie beim Bahnfahren richtig viel Geld.“ Der Artikel informiert über die Aktion eines Süßwarenherstellers, der seinen Produkten Gutscheine in Höhe von zehn Euro für die Deutsche Bahn beilegt. Die Redaktion empfiehlt ihrer Leserschaft, die öfter mit der Bahn unterwegs ist, darüber nachzudenken, sich einen kleinen Vorrat an Gutscheinen zuzulegen. Ein Leser der Zeitung sieht in dem Beitrag einen Fall von Werbung für den namentlich genannten Süßwarenhersteller. Ein Vertreter der Redaktion vertritt die Auffassung, dass die Berichterstattung von öffentlichem Interesse sei. Eine Bezahlung von dritter Seite habe es nicht gegeben. Der Artikel informiere sachlich über die Aktion. Die Redaktion weise dabei auch auf deren Tücken hin. So könne der Gutschein erst ab einem Fahrkartenpreis von 29,90 Euro eingelöst werden. Auch müsse mindestens ein ICE-, EC- oder IC-Zug genutzt werden.

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„Brand Story“ hat werblichen Inhalt

„Die Diät, die Spritzen überflüssig machen kann“ – unter dieser Überschrift berichtet eine überregionale Tageszeitung über eine Diät eines namentlich genannten Unternehmens aus der Gesundheitsbranche. Die Veröffentlichung trägt die Bezeichnung „Brand Story“. Dieser Begriff wird erläutert. Zusätzlich ist der Beitrag mit dem Hinweis“ Anzeige“ gekennzeichnet. Die Zeitung weist darauf hin, dass die Inhalte dieser Seite ein Angebot des genannten Werbepartners sind. Die Redaktion sei daran nicht beteiligt gewesen. Ein Leser der Zeitung sieht in dem Beitrag Werbung, die nicht klar als solche erkennbar sei. Der Chefredakteur der Zeitung teilt mit, dass der angesprochene Inhalt ausschließlich über Elemente zu erreichen sei, die mit dem Wort „Anzeige“ gekennzeichnet seien und darüber hinaus die Kennzeichnung „Brand Story“ trügen. Diese Bezeichnung unterscheide sich von sämtlichen im redaktionellen Bereich verwendeten Kennungen. Es werde erläutert, dass es sich bei einer „Brand Story“ nicht um redaktionelle Inhalte handele. Im Übrigen trügen entsprechende Beiträge immer einen Hinweis, wonach es sich um einen werblichen Inhalt handele.

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