Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
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6642 Entscheidungen
In einer Zeitschrift erscheint ein Artikel, in dem es um Aidsmedikamente und ihre Wirksamkeit geht. Auf der gegenüberliegenden Seite steht eine Anzeige, in der eines der im Artikel geschilderten Medikamente beworben wird. Nach Meinung der Verbraucherzentrale könnte die Grenze zur Schleichwerbung überschritten sein. Die Redaktion habe auf Anfrage mitgeteilt, dass dem Artikel eine Produktinformation des Herstellers zugrunde gelegen habe. Sie schaltet den Deutschen Presserat ein. Die Chefredaktion der Zeitschrift teilt mit, als Grundlage für den kritisierten Artikel hätten eigene Recherchen und Firmeninformationen gedient. Über die Anzeigenplatzierung neben dem Artikel sei man sich nicht bewusst gewesen. Die Redaktion räumt ein, dass eine unglückliche Verknüpfung von redaktionellem Text und Anzeige in diesem Fall vorliege. Sie hofft jedoch, dass der Presserat die Nachbereitung des Themas als guten Willen der Redaktion sieht, der Angelegenheit mit dem nötigen Ernst zu begegnen. Für den möglicherweise entstandenen Eindruck einer tendenziösen Berichterstattung entschuldigt sich die Redaktion. (2002)
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Eine Vertriebsfachzeitschrift berichtet unter der Überschrift „Der Lieferung auf der Spur“ über Tourenverfolgungssysteme. Der Beitrag enthält Hinweise auf ein Pilotprojekt, das sich bei einem Pressevertrieb in der Testphase befindet. Auch der interne Projektname wird genannt. Ein Redakteur der Zeitschrift hatte bei dem Pressevertrieb angerufen und mit dem Projektleiter ein Gespräch geführt. Hintergrundinformationen zu dem Pilotprojekt wurden gegeben. Diese könnten in einem Artikel verwendet werden. Der Projektleiter bittet den Journalisten jedoch mehrmals, dass weder der Firmen- noch der Projektname genannt werden sollten. Diese Bitte sei sowohl mündlich als auch schriftlich geäußert worden. Grund dafür sei gewesen, dass das Projekt noch in der Testphase sei und deshalb nicht öffentlich gemacht werden sollte. Der Redakteur habe sich jedoch nicht an die Bitte um Anonymität gehalten. Der Projektleiter ruft den Deutschen Presserat an. Die Chefredaktion der Zeitung übersendet eine Stellungnahme des Autors. Dieser berichtet, dass ihm bei dem Pressevertrieb ausführlich und sachkundig Auskunft gegeben worden sei. Eine Bitte, diese Informationen vertraulich zu behandeln, habe es nicht gegeben. Dem Hinweis, Zitate wiederzugeben, wurde nicht widersprochen. Er habe dem Projektleiter angekündigt, er werde diese Zitate am nächsten Tag zur Korrektur übersenden. Als diese Zitate dann am nächsten Tag vorlagen, rief der Projektleiter den Autor überraschend an: Die Informationen seien vertraulich zu behandeln. Diesen Anspruch einer rückwirkend geltend gemachten Vertraulichkeit habe – der Autor – nicht akzeptiert. Er habe zwar den Namen des Beschwerdeführers nicht erwähnt und ihn auch nicht zitiert, die Fakten jedoch in der Tat für seinen Bericht verwendet. (2002)
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Eine Lokalzeitung veröffentlicht den Brief eines Lesers, der seinen Unmut äußert über die Arbeit des örtlichen Kreisbauamtes. Ein Antrag auf Rücknahme der nachbarlichen Grenzbebauung habe da keine Chance. Fragen nach Parteibuch, Akteneinsichtnahme und Mundgeruch beantwortet der Autor ironisch mit „Auweia“. Die besonderen Beratungsleistungen des „eisernen Ottmar“ seien zum Beispiel Datumsänderungen für Steuerhinterzieher. Das Amt brauche neue Männer, stellt der Leserbriefschreiber abschließend fest. Der betroffene Ottmar, Leiter des so gescholtenen Kreisbauamts, sieht sich verleumdet und reicht Beschwerde beim Presserat ein. Die Redaktion der Zeitung habe ihre Sorgfaltspflicht nicht genügend wahrgenommen. Der Leserbriefschreiber habe für seine persönlichen Vorwürfe gegen ihn keine Belege beibringen müssen. Die Chefredaktion des Blattes erklärt, der beanstandete Leserbrief sei Teil einer Diskussion über die Effizienz der Kreisverwaltung gewesen. Auf Grund einer Vielzahl von negativen Äußerungen von Lesern über die Verwaltung habe man geglaubt, im berechtigten Interesse zu handeln, als man die zugegebenermaßen etwas polemische Zuschrift veröffentlicht habe. Übliche Praxis sei, dass sich Personen, die sich in irgendeiner Form angesprochen fühlten, auf den „Meinungstreff“-Seiten der Zeitung postwendend wehren könnten. Dies habe der Beschwerdeführer nicht getan, obwohl eine nun von ihm gewünschte Richtigstellung ganz sicherlich die erwartete Wirkung in der Öffentlichkeit gehabt hätte. Der Beschwerdeführer urteile realitätsfern, wenn er in Zusammenhang mit der von ihm beanstandeten Veröffentlichung fordere, dass Leserbriefe vor der Veröffentlichung im einzelnen überprüft werden müssten. (2002)
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„Das ist der Krawall-Häuptling“ – so überschreibt eine Boulevardzeitung einen Artikel, in dem es um eine Demonstration der linken Szene in Hamburg geht. Als einer der maßgeblichen Initiatoren wird ein PDS-Politiker bezeichnet, von dem mehrere Fotos veröffentlicht werden. Zudem heißt es, er habe die Großdemo angekündigt und Genehmigungen für so genannte Bambule-Demos besorgt. Weiterhin schreibt das Blatt, der Mann verschaffe den Randalierern politische Rückendeckung. Ein Teilnehmer der Demonstration weist darauf hin, dass der PDS-Mann nicht mehrere, sondern lediglich eine Demonstration – und das nicht allein – angemeldet habe. Die Überschrift „Er besorgte Genehmigungen für Bambule-Demos“ sei deshalb falsch. Nach Ansicht des Beschwerdeführers werde der Mann an den Pranger gestellt, weil er sein verfassungsmäßiges Demonstrationsrecht und das Recht auf freie Meinungsäußerung ausübe. Er wendet sich an den Deutschen Presserat. Die Rechtsabteilung der Zeitung weist darauf hin, dass der von ihr so genannte „Krawall-Häuptling“ keinesfalls nur eine Randfigur, sondern ein wesentlicher Mittelpunkt der durch seine Anmeldung inszenierten Demonstrationen in Hamburg sei. Er sei nicht nur ein einziges Mal – wie der Beschwerdeführer behaupte – als Initiator einer Demonstration aktiv tätig gewesen. Die in dem Artikel veröffentlichten Einschätzungen seien deshalb gerechtfertigt. (2002)
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Eine Regionalzeitung veröffentlicht im redaktionellen Teil ein vierspaltiges Foto. Eine langbeinige Frau sitzt auf einem Bartresen und lässt ihre bestrumpften Beine von einem Herrn bewundern. Im Text werden die Strümpfe über den grünen Klee gelobt. Da ist von „hauchzarter Verführung“ und von „ultrafeiner“ Beschaffenheit der Beinzier die Rede. Auch die verfügbaren Größen und schließlich der Hersteller werden genannt. Eine Leserin ruft den Deutschen Presserat an, weil sie in dem Beitrag keine Schleich-, sondern eine sehr direkte Werbung sieht. Die Chefredaktion der Zeitung meint, Bild und Artikel böten zwar auch einige Sachinformationen. Dennoch habe die Veröffentlichung stark werbenden Charakter, so dass der Pressekodex verletzt sei. Dies gelte vor allem für die Formulierungen „hauchzarte Verführung“ und „ultrafein“. Das gelte aber auch für das Foto selbst. Es biete für den Leser keine hilfreichen Informationen, sondern sei mit seiner emotional gefärbten Aussage eher zur Anregung eines Kaufentschlusses angelegt. Die Chefredaktion bedauert diese Veröffentlichung. Diese sei hausintern erörtert worden. Alle beteiligten Personen seien erneut auf die einschlägigen Vorgaben des Presserats und die dazu ergangene Rechtsprechung hingewiesen worden. (2002)
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In Form von Frage und Antwort untersucht eine Zeitschrift männerspezifische Verhaltensweisen. Dabei nennt sie den Namen eines Psychologen, der bei der Analyse des seltsamen Verhaltens der Männer geholfen habe. Der genannte Wissenschaftler beanstandet in einer Beschwerde beim Deutschen Presserat, dass die veröffentlichten Aussagen nicht mit seinen Feststellungen übereinstimmen. Er war von einer Redakteurin gebeten worden, als Experte zu mehreren von der Redaktion an Männern beobachteten Verhaltensweisen Auskunft zu erteilen. Dies habe er gerne getan, aber zugleich betont, dass dabei einseitige Pauschalisierungen oder gar Stereotypisierungen zu vermeiden seien. Seine Anmerkungen seien entweder sinnentstellend wiedergegeben worden oder stammten gar nicht von ihm. Beim Leser entstehe jedoch der Eindruck, als seien die veröffentlichten Antworten seine Aussagen. So hatte der Psychologe z.B. auf die Frage „Warum ziehen sich Männer dauernd die Hose hoch, wenn sie aufstehen?“ geantwortet: „Das liegt am Fett! Bei Frauen sammelt sich das mehr an Hüfte und Oberschenkeln: Die Hose sitzt fest. Männer haben eher einen Bauch: Die Hose rutscht.“ Statt dieser Aussage enthält der veröffentlichte Text folgende Feststellung: „Während Frauen eher am Po dick werden, kriegen Männer Bäuche. Es gibt aber noch einen Grund fürs Hoseruckeln: Männer sortieren ihr Gemächt.“ Der Beschwerdeführer teilt dem Presserat abschließend mit, dass der Beitrag auf sein Verlangen aus der Internetausgabe der Zeitschrift entfernt worden sei. Die Chefredaktion sei jedoch nicht bereit gewesen, eine Gegendarstellung abzudrucken. Der stellvertretende Chefredakteur bedauert das Missverständnis, das zur vorliegenden Auseinandersetzung geführt habe. Eine Kollegin habe den Beschwerdeführer um Input für einen Artikel gebeten. Stil, Machart und Umfang des Artikels gäben aber klar zu erkennen, dass in dem veröffentlichten Text nicht der Experte spreche, sondern die Redaktion, dass nicht der Psychologe die Verantwortung für den Inhalt trage, sondern er lediglich Hintergrundinformationen geliefert habe. Dem Beschwerdeführer werde nichts in den Mund gelegt, der Artikel gebe auch nicht vor, eine Quelle zu haben. (2002)
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Auf ihrer Seite „die wahrheit“ rezensiert eine Tageszeitung ein „Lexikon der Städtebeschimpfungen“, das in der Unterzeile seines Titels boshafte Berichte und Schmähungen von Aachen bis Zürich verspricht. Der Autor geht mit dem Werk eines Statistikprofessors und dessen Tochter hart ins Gericht, wirft den Verfassern des Lexikons zusammenklabauterte Zitate aus einem nicht erwähnten Originalwerk, eine belanglose Recherche im Internet und eine mangelnde Sorgfalt im Umgang mit Daten und Namen vor. Hier werde ein astreines Plagiat vorgelegt, das an das 1998 in Leipzig erschienene Buch „Öde Orte“ mit dem Untertitel „Ausgesuchte Stadtkritiken von Aachen bis Zwickau“ erinnere. Selten habe man ein liebloser zusammengepfuschtes Buch gesehen. Herausgeber und Verlag wird der Rat erteilt, das Lexikon stillschweigend zurückzuziehen, bevor es in die Statistik der schamlosesten Bücher aller Zeiten eine Spitzenposition erobere. Der so gescholtene Autor des Lexikons wendet sich an den Deutschen Presserat und reicht Beschwerde ein. In dem Vorwurf, ein Plagiat produziert zu haben, sieht er eine schlimme Ehrverletzung. Die Idee zu diesem Lexikon habe seinem Verlag nachweislich schon vor dem Erscheinen des Konkurrenzproduktes „Öde Orte“ vorgelegen. Art der Texte, Gliederung und Aufmachung ähnelten den „Öden Orten“ – von dem vom Verlag angefügten Untertitel abgesehen – in keiner Weise. Der Rezensent sei ein guter Bekannter der Herausgeber des ähnlichen Buches, deren materielle Interessen er mit seiner Rezension vertrete. Die Chefredaktion der Zeitung erklärt, nach ihrer Einschätzung bestehe der Vorwurf des geistigen Diebstahls zu Recht. Der Verlag habe an diverse Quellen, die für das Lexikon benutzt worden seien, Honorare bezahlt. Er habe sich bei allen Betroffenen entschuldigt und erklärt, dass eine weitere Auflage des Buches nicht erscheinen werde. Die Chefredaktion betont, dass sie keine Rufmordkampagne gegen den Beschwerdeführer gestartet habe. Auch wirtschaftliche Interessen des Autors seien kein Beweggrund für die Rezension gewesen. Man habe mit der Buchkritik vielmehr freie Autoren vor dem Diebstahl ihres geistigen Eigentums schützen wollen. (2002)
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Eine Lokalzeitung berichtet über eine Gedenkstunde zum Antikriegstag, zu der DGB und Friedensbewegung die Bürger der Stadt in die Ehrenhalle am heimischen Rathaus eingeladen hatten. Dem Beitrag beigestellt ist ein Foto, das Besucher der Veranstaltung zeigt. Auf dem Bild ist ein Transparent mit der Aufschrift „Aktiver Widerstand gegen Bushs ‚New War’! Keinen Krieg gegen den Irak“ zu erkennen. Die Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands beklagt in einer Beschwerde beim Deutschen Presserat, dass die Zeitung das Foto vor der Veröffentlichung bearbeitet und aus dem Transparent das Parteikürzel MLPD herausretuschiert hat. Diese Handlungsweise der Redaktion stelle eine politische Zensur dar und widerspreche der Verpflichtung der Presse zu authentischer Berichterstattung und Bildwiedergabe. Die Rechtsvertretung der Zeitung weist in ihrer Stellungnahme darauf hin, dass es sich bei der Gedenkfeier um eine überparteiliche Veranstaltung des DGB und der Friedensbewegung, nicht jedoch der Marxistisch-Leninistischen Partei Deutschlands gehandelt habe. Bei der Entwicklung der Negative habe sich herausgestellt, dass das Transparent der MLPD die Bilder sinnentstellend dominiere. Der flüchtige Betrachter hätte wegen des ins Auge springenden Logos den unzutreffenden Eindruck gewinnen können, es habe sich um eine Veranstaltung dieser Partei gehandelt. Um diesen missverständlichen Eindruck nicht entstehen zu lassen, habe man das Logo abgedeckt. Die politische Aussage des Transparents sei durch die Retusche nicht entstellt worden. (2002)
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Unter der Überschrift „Joschka Fischer – Warum sehen wir ihn so selten mit seiner Frau?“ spekuliert eine Zeitschrift über die vierte Ehe des Bundesaußenministers, rätselt über getrennte Wohnungen und Wege. Ein großformatiges Foto zeigt die Ehefrau, bepackt mit zwei Einkaufstüten. Laut Unterzeile ist die Journalistin auf dem Weg zu einer Wohnung, an deren Klingelschild offensichtlich allein ihr Name steht. Der Artikel schildert, wie das Paar sich kennen gelernt hat, beschreibt den beruflichen Werdegang der Frau und ihre Rolle an der Seite des deutschen Außenministers. Der Pressesprecher der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen sieht die Privatsphäre der Betroffenen grob verletzt. Die Ehefrau des Ministers sei offenbar über Wochen und Monate regelrecht beschattet worden. Nach einer Intervention in der Redaktion sei ihm versichert worden, dass weitere Belästigungen unterbleiben würden. Man habe sich an diese Zusicherung nicht gehalten. Die veröffentlichten Fotos seien ohne das Wissen der Frau, geschweige denn mit ihrer Zustimmung, verdeckt mit Teleobjektiv geschossen worden. Die Texte seien gespickt mit unzulässigen Aussagen über ihr Privatleben und enthielten darüber hinaus unwahre Tatsachenbehauptungen. So sei beispielsweise die Information, dass in der Wohnung der Fischers Freunde nicht mal Blumen gießen dürften, frei erfunden. Die Ehepartnerin des Ministers habe sich niemals der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt. Sie sei keine Persönlichkeit des öffentlichen Lebens und ihre Privatsphäre deshalb genauso zu respektieren wie die jedes anderen Bürgers. Nach Einschätzung der Chefredaktion berührt der Beitrag nicht die Privat- und Intimsphäre, sondern die Öffentlichkeits- und Sozialsphäre des Außenministers als einer absoluten Person der Zeitgeschichte und seiner Ehefrau, die als relative Person der Zeitgeschichte angesehen werde. Auf Grund dieser Zuordnung stelle sich die Frage, inwieweit über die Privatsphäre des Ehepaares berichtet werden dürfe, gar nicht erst. Die Behauptung, die Ministergattin habe sich niemals der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt, sei falsch. Die Ehefrau des deutschen Außenministers und Vizekanzlers sei bei mehreren öffentlichen, aber auch offiziellen Anlässen an seiner Seite aufgetreten und es gebe zahllose frei zugängliche Pressefotos, die sie an der Seite ihres Mannes zeigten. Über die öffentlichen Fakten hinaus seien keine Schlussfolgerungen gezogen oder Mutmaßungen angestellt worden. Insbesondere habe die Zeitschrift die Frau des Ministers weder beschattet noch ihr aufgelauert. Weiterhin habe der Beschwerdeführer zu keinem Zeitpunkt bei der Redaktion interveniert, dass angebliche Belästigungen zu unterbleiben hätten. Solche Belästigungen habe es seitens der Zeitschrift zu keinem Zeitpunkt gegeben. Bitten um ein Gespräch seien aus unbekannten Gründen abgelehnt worden. Angeblich falsche Behauptungen wie das Blumengießen bei Fischers seien aus einem früheren Artikel der Zeitschrift übernommen worden, der seinerzeit von den Sprechern des Auswärtigen Amtes ausdrücklich als freundlich und fair gelobt worden sei. Die Redaktion habe den vorliegenden Beitrag unter Einhaltung der gebotenen journalistischen Sorgfalt recherchiert und dabei die Rechte der Ehefrau des deutschen Außenministers nicht verletzt. (2002)
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Unter der Überschrift „Joschka lief die junge Frau weg“ berichtet eine Zeitschrift über „das traurige Ende einer großen Liebe“. Auf sechs Seiten wird, unterstützt durch Fotos, die „Wahrheit“ verbreitet: Deutschlands beliebtester Politiker hocke alleine zu Hause vor dem Fernseher. Seine 21 Jahre jüngere Frau richte gerade eine eigene Wohnung ein. Die Zeitschrift vermutet, dass die offiziell noch intakte Ehe des deutschen Außenministers Joschka Fischer in Wirklichkeit gescheitert sei. Der Sprecher der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen beschwert sich beim Deutschen Presserat über die Veröffentlichung, welche die Privatsphäre der Frau des Ministers in grober Weise verletze. Die Betroffene sei offenbar über Wochen und Monate regelrecht beschattet worden. Dem Beschwerdeführer sei nach einer Intervention in der Redaktion der Zeitschrift versichert worden, dass weitere Belästigungen unterbleiben würden. Die Journalisten hätten diese Zusicherung aber nicht eingehalten. Die veröffentlichten Fotos seien ohne Wissen der Frau, geschweige denn mit ihrer Zustimmung, geheim mit Teleobjektiv geschossen worden. Die Texte seien gespickt mit unzulässigen Aussagen über das Privatleben der Ministerfrau und enthielten darüber hinaus unwahre Tatsachenbehauptungen. So sei beispielsweise die Information, dass sie gerne „Vitello tonnato“, fein geschnittenes Kalbfleisch in Thunfischsoße, bestelle, frei erfunden, da die Ehepartnerin Fischers Vegetarierin sei. Sie habe sich niemals der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt. Sie sei keine Persönlichkeit des öffentlichen Lebens und ihre Privatsphäre deshalb genauso zu respektieren wie die jedes anderen Bürgers. Der Chefredakteur der Zeitschrift lässt die Beschwerde durch seinen Anwalt zurückweisen. Von Beschattung könne keine Rede sein. Vielmehr habe die Redaktion im Wohn- und Arbeitsumfeld des Ehepaares recherchiert und Kontakt zu Personen aufgenommen, die Auskunft über den tatsächlichen Lebenswandel des prominenten Paares hätten geben können. Richtig sei, dass der Beschwerdeführer sich in der Redaktion gemeldet und sich erkundigt habe, ob über die Frau des Ministers recherchiert werde. Dies sei ihm bestätigt worden. Eine Zusicherung, die Recherche einzustellen, habe ihm die Redaktion nicht gegeben. Es sei aber mehrfach vergeblich versucht worden, eine direkte Stellungnahme der Ministergattin zu erhalten. Auch über den Pressesprecher der Grünen sei dies nicht gelungen. Der Inhalt des Artikels sei nicht zu beanstanden. Die familiäre Situation des Bundesaußenministers, soweit diese nach außen erkennbar werde, sei ein Thema von berechtigtem öffentlichen Interesse, zumal es mit der Frage nach der Glaubwürdigkeit der Beteiligten verknüpft sei. Denn die traute Zweisamkeit, die das Paar bei offiziellen Anlässen demonstriere, erscheine vor dem Hintergrund der vorliegenden Fakten als ein bewusst inszeniertes Schauspiel für die Öffentlichkeit. Eine solche Verhaltensweise lasse durchaus Rückschlüsse auf wesentliche charakterliche Eigenschaften des Bundesaußenministers zu. Die für die Berichterstattung notwendigen Informationen aus der weiteren Privatsphäre der Beteiligten seien auch nicht unzulässig, da es sich hierbei um Details handele, die allenfalls den Randbereich der Privatsphäre der Ministerfrau beträfen, weit überwiegend jedoch nur deren Öffentlichkeitssphäre. Die Fotos seien ausnahmslos von öffentlichem Grund aufgenommen, während sich die Betroffene ebenfalls auf öffentlichem Grund befunden habe. (2002)
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