Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3!
Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.
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6642 Entscheidungen
Eine Großstadtzeitung veröffentlicht einen Beitrag unter der Überschrift „Erstes Urteil in NDR-Affäre entlastet Sabine Rossbach“. Habe der NDR zu schnell Konsequenzen aus den Vorwürfen gezogen, die gegen das Landesfunkhaus in Hamburg erhoben worden seien? Und könnte dessen Chefin heute noch im Amt sein? Das seien zwei Fragen, die sich nach einem Urteil des Landgerichts München jetzt stellten. Geklagt hatte eine Presseagentur, zu deren Gründerinnen eine Tochter von Sabine Rossbach gehöre und die sich den Vorwurf habe gefallen lassen müssen, die Verwandtschaftsverhältnisse ausgenutzt zu haben. Der Beschwerdeführer sieht die Ziffer 2 des Pressekodex (Journalistische Sorgfaltspflicht) verletzt. Schon die Überschrift könne gegen den Pressekodex verstoßen. Die Rechtsvertretung des Verlages hält die Beschwerde für unbegründet. Der beanstandete Artikel befasse sich mit einer Entscheidung des Landgerichts München im Hinblick auf die Zulässigkeit eines Presseartikels rund um Korruptionsvorwürfe gegen die ehemalige Direktorin des NDR, Sabine Rossbach. Sein Inhalt verletze keine presseethischen Grundsätze.
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Eine in einem deutschen Bistum erscheinende Kirchenzeitung berichtet über den Diebstahl aus einem Opferstock. Im Text heißt es: „Ein Rumäne wurde von der Polizei gefasst und hat die Tat gestanden, zwei weitere Diebe werden gesucht.“ Der Beschwerdeführer sieht in der Überschrift einen Verstoß gegen Richtlinie 12.1 des Pressekodex. Die Nationalität des Täters spiele keine Rolle für diesen Bericht, sondern bediene Vorurteile in diskriminierender Weise. Ein öffentliches Interesse an dieser Art der Berichterstattung bestehe nicht. Der Redaktionsleiter der Kirchenzeitung spricht von einer häufigen Gratwanderung, wenn es um die Nennung von Nationalitäten gehe. In diesem Fall habe man sich zur Nennung entschlossen, weil sich der Diebstahl in einem Stadtteil ereignet habe, in dem der Anteil deutscher Einwohner bei rund 30 Prozent liege. Durch Verschweigen der Nationalität des mutmaßlichen Täters würde sich die Zeitung dem Vorwurf aussetzen, Probleme im Viertel zu verschleiern. Dies könne nicht im Sinne einer offenen Berichterstattung liegen.
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Eine Regionalzeitung veröffentlicht einen Artikel unter der Überschrift „Wenn ein Lebenswerk verbrannt ist“. Dabei geht es um den Brand eines „Cinemamobiles“, eines in einen Lkw integrierten Kinos im Sommer 2021. Grundlage der Berichterstattung sind die Schilderungen des Eigentümers des Fahrzeuges. Die Redaktion schreibt, die Feuerwehr hätte den Aufbau des Lkw retten können, wenn sie genügend Löschwasser im Trank gehabt hätte. Aber der sei so gut wie leer gewesen. Ein Vertreter der Freiwilligen Feuerwehr, die die ersten Löschmaßnahmen vorgenommen hatte, teilt mit, dass man in zwei Fahrzeugen insgesamt 3600 Liter Wasser dabeigehabt habe, die sofort bzw. wenige Minuten später eingesetzt worden seien. Die Behauptung, man sei ohne Wasser ausgerückt, sei daher unhaltbar. Die Redaktion – so der Feuerwehrmann weiter – habe die Wehr zu dem Vorgang nicht befragt. Der zuständige Redakteur habe sich dafür entschuldigt und den Online-Artikel geändert. Für die Printausgabe habe er eine Richtigstellung veranlasst. Die Chefredaktion lässt den zuständigen Redakteur auf die Beschwerde antworten. Dieser räumt ein, dass er die kritisierte Aussage des Eigentümers des Fahrzeuges veröffentlicht habe, ohne bei der Feuerwehr nachgefragt zu haben. Parallel dazu habe die Redaktion den Online-Beitrag geändert und die beanstandete Passage korrigiert. Gleichzeitig habe man in der Printausgabe den Löschvorgang so beschrieben, wie ihn der Beschwerdeführer geschildert habe. Der Redakteur stellt fest, die Zeitung habe alles getan, um den Fehler in der Berichterstattung zu korrigieren.
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Eine Boulevardzeitung berichtet über drei Messerattacken, die sich innerhalb von 21 Stunden in Deutschland abgespielt hätten. Die Redaktion veröffentlicht unter anderem das identifizierende Foto eines der Opfer. Der Beschwerdeführer kritisiert, dass die Redaktion das Gesicht des Opfers Salwan A. (31) ohne jegliche Anonymisierung zeige. Damit verletze sie die Richtlinie 8.2 des Pressekodex (Opferschutz). Weder hätten die Angehörigen des Opfers der Veröffentlichung zugestimmt noch handele es sich bei dem Opfer um eine Person des öffentlichen Lebens. Die Rechtsabteilung des Verlages teilt mit, dass die Redaktion im Vorfeld der Berichterstattung sehr wohl eine Einwilligung der Angehörigen eingeholt habe. Sie zitiert den zuständigen Redakteur: „(…) ich habe das Foto aus Facebook genommen, es dem Bruder des Opfers auf WhatsApp geschickt und dann angerufen. Er hat es bestätigt und gab sein Ok, dass wir es verwenden dürfen.“ Außerdem habe auch der Vater des Opfers die Verwendung des Fotos genehmigt. Für die Rechtsabteilung steht damit fest, dass die Beschwerde unbegründet ist.
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Eine Regionalzeitung berichtet online über „unschöne Szenen zum Ende der Badesaison“ in einem im Verbreitungsgebiet der Zeitung gelegenen Schwimmbad. Zum Beitrag gestellt ist ein großes Foto. Es zeigt zwei Mädchen und eine Frau, die an einem Flohmarktstand im Freibad stehen. In der Bildunterschirift werden die drei mit vollem Namen genannt. Die Zeitung zitiert den Vorsitzenden des veranstaltenden Fördervereins. Der habe von unschönen Szenen vor Ort gesprochen und dabei größere Gruppen mit unterschiedlichem Migrationshintergrund als Ursache genannt. Mehrere Personen hätten das Schwimmbecken in Straßenkleidung genutzt. Darauf angesprochen, seien die Fördervereinsmitglieder teilweise als Nazis beschimpft worden. In einem anderen Fall habe eine stark alkoholisierte Gruppe das Becken abends nicht verlassen wollen. Sie hätten „ihr großes Geschäft“ in den Duschen hinterlassen. Die Mehrheit der Besucher benehme sich rücksichtsvoll. Gleichwohl sei es angesichts extremer Fälle schwieriger, ehrenamtliche Helfer bei der Stange zu halten. Der Beschwerdeführer in diesem Fall kritisiert, dass die Zeitung ihren Beitrag mit einem Foto bebildert habe, dass seine 13jährige Tochter und deren Freundin zeige. Das Foto von Minderjährigen sei – so der Beschwerdeführer – nur mit der Einwilligung der Eltern zulässig. Der Chefredakteur der Zeitung hält die Beschwerde für berechtigt. Es handele sich um eine handwerklich schlechte Leistung der Redaktion. Diese werde sich bei dem Beschwerdeführer entschuldigen. Der Beitrag sei mittlerweile aus dem Online-Angebot entfernt worden.
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Eine Regionalzeitung berichtet unter der Überschrift „Vorwurf: Visum gegen Sex – Hat ein (…) Stadtrat Flüchtlinge belästigt?“ (Online), sowie in der Printausgabe unter der Überschrift „Vorwurf: Visum gegen Sex“ über Vorwürfe gegen ein Ratsmitglied, das am Verlagsort der Zeitung tätig ist. Der nicht namentlich genannte Mann wird im Artikel als Stadtrat und „rühriger Macher“ aus der Flüchtlingshelferszene beschrieben. Ferner heißt es, er habe den Kontakt zum örtlichen Sozialamt aufgebaut und kümmere sich mit seinem Verein um die Ukraine-Flüchtlinge. Die Redaktion schreibt, dass zwei Flüchtlinge Anzeige erstattet hätten. Zwei Leser der Zeitung beschweren sich über den Beitrag. Sie kritisieren, dass die im Artikel genannte Person aus dem lokalen Kontext heraus eindeutig identifizierbar sei. So hätte man gleich seinen Namen schreiben können. Die Chefredaktion teilt mit, man habe es sich mit diesem Fall nicht leicht gemacht. Nach ausführlicher Diskussion sei man in der Redaktion zu dem Schluss gekommen, dass auch eine Berichterstattung mit voller Namensnennung presseethisch zulässig gewesen wäre. Begründung: An der Person des Täters bestehe ein besonderes Informationsinteresse. Letztendlich habe sich die Redaktion gegen eine identifizierende Berichterstattung entschieden, weil sie ihre ethische Verpflichtung höher gewichte als die Rechtmäßigkeit einer identifizierenden Berichterstattung.
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„Vierjähriger Junge in Sack erstickt – Urteil gegen Hexe von Hanau gekippt“ – unter dieser Überschrift berichtet eine Boulevardzeitung online über den Mordprozess gegen die Sektenführerin Sylvia D. „Dr. Claudia H. (60) soll ihren damals vierjährigen Sohn am 17. August 1988 in einen Sack gesteckt, das hilflose Kind dann der Sektenführerin Silvia Dr. (74), auch bekannt als ´Hexe von Hanau´, überlassen haben. Der Junge namens Jan wurde ohnmächtig und erstickte an seinem Erbrochenen. Erst 2015 wurde der Fall durch Hinweise von Sekten-Aussteigern neu aufgerollt. Bis dahin galt Jans Tod als Unfall.“ Der Bundesgerichtshof hat das 2020 gefällte Mordurteil aufgehoben. Begründung: Die Strafkammer hätte sich eingehender mit der Frage auseinandersetzen müssen, ob „es sich um eine Tötungshandlung durch aktives Tun oder eine solche durch Unterlassen gehandelt habe.“ Der Beitrag ist mit einem Foto von Sylva D. bebildert, das vor Gericht gemacht wurde. Es zeigt die Frau mit einer Gesichtsmaske. Ferner stellt die Zeitung den Vierjährigen in Form einer Zeichnung dar. Der Beschwerdeführer vermutet Verstöße gegen presseethische Grundsätze. Er stört sich vor allem an der Bezeichnung von Sylvia D. als „Hexe von Hanau“ und an ihrer Abbildung. Sie sei klar zu erkennen. Die Maske sei für die Anonymisierung nicht ausreichend. Die Rechtsvertretung der Zeitung spricht in ihrer Stellungnahme von einem Missbrauch des Beschwerdeverfahrens. Der Beschwerdeführer sei in der Sekte aktiv und versuche, den Presserat zu instrumentalisieren. Die Rechtsvertretung ist zudem der Auffassung, dass Sylvia D. durch die Darstellung in der Zeitung allenfalls für einen engeren Bekanntenkreis erkennbar sei. Zum Vorwurf „Hexe von Hanau“ habe es bereits eine Entscheidung des Presserats gegeben. Danach dürfe die Frau so bezeichnet werden. Eine die Menschenwürde tangierende „Herabwürdigung“ stelle diese Bezeichnung in diesem konkreten Einzelfall nicht dar.
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Eine Lokalzeitung veröffentlicht unter der Rubrik „Küche und Kulinarik“ ein “Rezept der Woche“. Dieses ist mit einem blauen Balken eingerahmt und mit einem Firmenlogo versehen. Enthalten ist der Hinweis auf „Mehr leckere Rezepte“, wobei die entsprechende Firma genannt wird. Darunter steht das Logo einer Firma, die Küchen verkauft. Im Text findet sich diese Passage: “Dieses Gericht wurde in einer Küche von (Name der Firma) gekocht. Bei uns finden sie Ihren Küchentraum!“ Der Beschwerdeführer kritisiert die Redaktion wegen eines Verstoßes gegen die Ziffer 7 des Pressekodex, in der die Trennung von redaktionellen und werblichen Inhalten festgeschrieben ist. Die Redaktionsleiterin bekennt, dass die Werbung durch eine weitergehende Kennzeichnung vom redaktionellen Inhalt hätte abgegrenzt werden müssen. Einen Verstoß gegen den Kodex sieht sie jedoch nicht, da die Trennung zwischen Werbung und redaktionellem Text trotzdem gegeben sei.
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Eine Boulevardzeitung veröffentlicht online auf der Homepage und auch in der gedruckten Ausgabe die Schlagzeile „ISIS-Gruß in Düsseldorf – ISLAMISTEN arbeiten am Flughafen“. Neben der Schlagzeile ist ein Foto platziert, dass drei Rollfeld-Mitarbeiter zeigt, die jeweils den Zeigefinger einer Hand nach oben strecken. In den im Wesentlichen inhaltsgleichen Online- und Print-Beiträgen heißt es: „ISIS-Alarm auf dem Flughafen Düsseldorf. Drei Mitarbeiter stehen auf dem Flughafen-Vorfeld vor einem Koffer-Rollband, recken den ISIS-Zeigefinger zum Himmel. Sie bekennen ihre Sympathie mit islamistischen Terroristen.“ Die Redaktion nennt die Namen der drei deutschen Staatsangehörigen. Danach handelt es sich um Mohamed A.R. (19), Hamit A. (20) und Serhat I. (20). Alle drei seien in Deutschland geboren worden. Die Redaktion scheibt, dass die Bundespolizei sofort reagiert habe. Die Flughafenausweise der drei Männer seien gesperrt worden, so dass ihr Zutritt zu Sicherheitsbereichen ausgeschlossen sei. Der Beschwerdeführer sieht mehrere presseethische Grundsätze durch die Berichterstattung verletzt. Die redaktionellen Hinweise auf den „ISS-Gruß“ seien falsch. Der in der Gemeinschaft der Muslime weit verbreitete Gruß des gen Himmel gestreckten Zeigefingers sei nicht der ISIS-Gruß, sondern der „Tauhid“-Gruß. Mit diesem begrüßten sich Muslime, ohne irgendeine Art der ISIS-Unterstützung zu demonstrieren oder zu signalisieren. Die Rechtsvertretung der Zeitung weist die Vorwürfe zurück. Die Geste „ISIS-Finger sei nicht-terroristischen Zusammenhängen entlehnt worden und werde mittlerweile von ISIS-Terroristen zu ihren Zwecken instrumentalisiert. Damit scheide eine presseethische Beanstandung aus. Auch ein Verstoß gegen die Ziffer 8 sei nicht ersichtlich. Die drei im Bild gezeigten Mitarbeiter trügen einheitliche Arbeitskleidung, was sie schon nicht erkennbar mache. Auch handele es sich bei den Abbildungen um unscharfe, aus der Ferne aufgenommene Fotos. Darüber hinaus seien die Betroffenen durch schwarze Augenbalken anonymisiert worden.
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„12.500 Euro am Tag für Lasershow – Bundestag verteidigt Verschwendung“ – unter dieser Überschrift veröffentlicht eine Boulevardzeitung online einen Artikel, in dem es um Laserilluminationen von Bundestagsgebäuden in Berlin geht. Es heißt, der Stromverbrauch für diese Beleuchtungen habe im Jahr 2022 bei 27.000 Kilowattstunden gelegen. Der Beschwerdeführer kritisiert die Schlagzeile. Die darin mitgeteilten 12.500 Euro Stromkosten pro Tag seien unlogisch und ergäben selbst bei einem überdurchschnittlichen Strompreis keinen Sinn. Der Autor des Beitrages sieht keinen Verstoß gegen den Pressekodex. Seine Berichterstattung beruhe auf Angaben des Steuerzahlerbundes. Er spricht von einem Missverständnis. Dieses beruhe offenbar darauf, dass der Beschwerdeführer eine Kausalität der Überschrift und einem Satz im Beitrag herstelle. Dieser laute: „Der Stromverbrauch für dieses Spektakel im Krisenjahr 2022 beläuft sich auf 27.000 Kilowattstunden.“ Für diese Kausalität enthalte der Beitrag keine Merkmale. Die Überschrift beziehe sich auf die Gesamtkosten der Installation und nicht nur auf den Stromverbrauch. Die Zahl „12.500 Euro am Tag“ könne man leicht nachrechnen. Sie ergebe sich, wenn man den vom Steuerzahlerbund beim Bundestag angefragten und bestätigten Gesamtpreis der Installation (1.16 Millionen Euro) durch die Anzahl der Tage teile, die die Installation in Betrieb sei (93). Der Steuerzahlerbund habe ihm – dem Autor – in Vorbereitung auf die vorliegende Stellungnahme dies eigens noch einmal bestätigt.
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