Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3!

Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.

Sie haben Fragen zu unseren Sanktionen? Hier finden Sie Erläuterungen.

 

Entscheidungsjahr
6642 Entscheidungen

Unzulässige Vermischung

Eine Zeitschrift mit dem Themenschwerpunkt Campen veröffentlicht eine Doppelseite unter der Rubrik „Schaufenster“. Sechs Anbieter von Camping-Bedarf werden vorgestellt und positiv beschrieben. Jeder Artikel enthält Kontaktinformationen der Anbieter. Auch ein Toyota-Händler wird mit Kontaktdaten und positiver Wertung vorgestellt. Auf weiteren Seiten stellt die Redaktion Anbieter vor und bewertet sie positiv. Ein Leser der Zeitschrift bemängelt eine unzulässige Vermischung von redaktionellen Beiträgen, PR und Werbeinhalten, die nicht als solche gekennzeichnet sind. Der Chefredakteur antwortet auf die Beschwerde. Er rechtfertigt die Art der Berichterstattung. Die Redaktion fühle sich verpflichtet, in den vielfältigen Segmenten rund ums Campen die Übersicht zu behalten und ihre Leserinnen und Leser darüber zu informieren, welche Hersteller und Produkte sie bei ihren Reisen sinnvoll unterstützen können. Der Chefredakteur stellt fest, dass seine Zeitschrift strikt auf die gebotene Trennung von redaktionellen und werblichen Inhalten achte.

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Prinz nicht „auf der grünen Wiese“ bestattet

Eine Zeitschrift veröffentlicht auf der Titelseite einen Beitrag über die Trauer von Königin Elizabeth um ihren Gatten Prinz Philipp. Die Überschrift lautet: „Queen Elizabeth (95) – Heimweh nach Philipp! – Einsame Stunden am Grab“. Ein Foto zeigt die Königin vor einem Grabkreuz. Ein Leser der Zeitschrift kritisiert, dass es sich bei dem Foto um eine Montage handele, die nicht als solche erkennbar und ohne erläuternden Hinweis sei. Das veröffentlichte Bild der Königin sei nicht auf dem Friedhof entstanden, sondern bei der Begutachtung von Pferden auf Schloss Windsor. Die Leser würden in die Irre geführt. Die Chefredakteurin der Zeitschrift teilt mit, dass die Bestattungszeremonie von Prinz Philipp weltweit medial begleitet und im Fernsehen übertragen worden sei. Die Leserinnen und Leser wüssten demnach, dass der Prinz nicht „auf der grünen Wiese“ bestattet worden sei. Sein Sarg sei in das Gewölbe der königlichen St. George Kapelle gebracht worden. Demnach sei auch allen klar, dass das auf der Titelseite veröffentlichte, sehr einfach gestaltete und stark verwitterte Grabkreuz nicht das Grabkreuz von Prinz Philipp sein könne. Das gezeigte Grabkreuz und die gezeigte Szene dienten lediglich als Symbol für die schwere Zeit, in der sich die Königin nach dem Tod von Prinz Phillipp befunden habe. Die Kernaussage auf der Titelseite „Heimweh nach Philipp!“ – so die Chefredakteurin - sei zweifellos richtig.

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Mit acht Weinschorlen am Steuer erwischt

Eine Boulevardzeitung veröffentlicht online einen Beitrag mit dem Titel „´Ich fuhr mit 8 Wein-Schorlen und zwei Long Island Ice Tea“. Der Artikel berichtet über den ehemaligen Profifußballer Andreas Brehme, der Gast in der Redaktion gewesen sei. Es heißt, dass Brehme 2011 mit 1,78 Promille am Steuer erwischt worden sei. Der Führerschein sei ihm für ein Jahr entzogen worden. Um Ihn wiederzubekommen, habe Brehme einen Fahr-Eignungstest (MPU) machen müssen. Als er 2012 den Test gemacht habe, habe er die Firma ON MPU Deutschland kennengelernt, an der er inzwischen beteiligt sei. Ein Leser der Zeitung kritisiert die Nennung der Firma und die Beteiligung des Ex-Fußballers daran. Er sieht darin eine Verletzung des Trennungsgebotes nach Ziffer 7 des Pressekodex (Trennung von redaktionellen und werblichen Inhalten). Die Rechtsabteilung des Verlages übersendet dem Presserat eine Stellungnahme der Redaktion. Darin betont diese, dass es bei der Berichterstattung im Wesentlichen um die persönliche Geschichte von Andreas Brehme gegangen sei. Brehme habe im Gespräch mit der Redaktion auf seine Firma hingewiesen. Man sehe daher keinen Grund, die Firma nicht zu erwähnen und halte diese auch weiterhin für zulässig.

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„Werbung, die nicht als solche erkennbar ist“

Eine Regionalzeitung veröffentlicht innerhalb von vier Wochen mehrere Seiten zum Thema „Gesundheit“, sowie eine Seite zum Thema „Prüfer und Berater“. Alle Seiten enthalten Listen von Anwaltskanzleien, Ärzten und Immobilien- bzw. Steuerberatern. Ein Leser der Zeitung sieht in den Listen Werbung, die nicht als solche erkennbar ist. Eine Kennzeichnung als Anzeige wäre erforderlich gewesen. Der Chefredakteur teilt mit, nach seiner Einschätzung sei der durch eine durchgehende Linie getrennte und grafisch eindeutig abgegrenzte Adressblock für die Leserschaft als nicht redaktioneller Inhalt erkennbar.

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Nach Tod von drei Freunden Fotos veröffentlicht

Eine Boulevardzeitung berichtet gedruckt und online über einen Autounfall, bei dem drei Jugendliche tödlich verunglückt waren. Unter den Überschriften „Tod von drei Freunden“ (print) und „Drei Freunde sterben nach Disco-Nacht im Feuerwrack“ (online) werden die verpixelten Fotos der Todesopfer gezeigt. Als Fotoquelle wird jeweils „privat“ angegeben. Die Zeitung nennt die Vornamen der Opfer sowie deren Tätigkeiten (Schule, Jobs bei einem Burger-Restaurant, Uni). In der gedruckten Ausgabe wird auf einem Foto aus der Vogelperspektive der Kreisverkehr gezeigt, an dem der Unfall geschah. Mit einem roten Pfeil und mehreren nummerierten Bildbeschreibungen wird der Unfall dargestellt: „Der Hyundai fuhr über die Gegenfahrbahn auf den Kreisel zu und hob ab“, „Der Wagen krachte auf den Radweg, Fahrer und Beifahrer wurden herausgeschleudert“, „Auf dem Feld fing das Auto Feuer, die drei Teenager wurden eingeklemmt und verbrannten“. Zwei Beschwerdeführer sehen massive Verstöße gegen den Opferschutz. Bis zum vorangegangenen Abend seien die Opfer nicht einmal verpixelt worden. Es handele sich um eine Tragödie, bei der viel zu junge Menschen ums Leben gekommen seien. Die Zeitung trete die Opfer mit Füßen. Die Rechtsvertretung der Zeitung teilt mit, die von den Beschwerdeführern beanstandeten Fotos seien nur vier Stunden lang unverpixelt online gewesen. In der gedruckten Ausgabe seien die Fotos von Anfang an verpixelt gewesen. Bei zwei Opfern habe eine Einwilligung im Sinne der Richtlinie 8.2 des Pressekodex zur Veröffentlichung der Fotos vorgelegen.

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Einen Tatort nachträglich „aufgehübscht“

Ein Leichenfund in der Nähe von Salzburg ist Thema in der Online-Ausgabe einer Regionalzeitung. Zum Beitrag gestellt ist ein Foto vom Tatort. Zu sehen ist ein mit Absperrband begrenztes Waldstück. Ein Leser der Zeitung sieht einen Verstoß gegen den Pressekodex. In dem Artikel werde ein Foto gezeigt, das der Fotograf gestellt habe. Der Tatort habe zu keinem Zeitpunkt so ausgesehen wie auf dem Foto. Der Fotograf sei mit seinem Gehilfen mehr als eine Stunde nach der Beendigung der Arbeiten von Kripo und Spurensicherung und nach der Freigabe des Tatortes dort erschienen. Eigenhändig hätten die beiden das Absperrband montiert, um ein actionreiches Foto zu erzeugen. Das sei eine Irreführung der Leserschaft und entspreche nicht den Anforderungen des Pressekodex. Der Verlag sei informiert worden. Dieser habe die Veröffentlichung dennoch nicht korrigiert. Er nutze weiterhin die falsche Darstellung und verkaufe diese als Original-Tatortfoto. Der Beschwerdeführer untermauert seine Kritik mit einem Foto. Der Chefredakteur nimmt Stellung. Er müsse dem Beschwerdeführer Recht geben. Dessen Darstellung des Vorgangs sei korrekt. Der Chefredakteur berichtet, dass er den Fotografen - einen freien Mitarbeiter – auf den Vorgang angesprochen habe. Dieser habe zugegeben, dass das Bild gestellt gewesen sei. Er sei vor allem in Österreich tätig, wo diese Praxis gang und gäbe sei. Einzige Bedingung sei, dass der „Fake“ in der Bildunterschrift benannt werden müsse. Der Chefredakteur: Das Bild sei mit dem betreffenden Hinweis angeliefert worden, von der bearbeitenden Redakteurin jedoch übersehen worden.

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Um Asteroideneinschlag spekuliert

„Gigantischer Asteroid rast auf die Erde zu: 2022 könnte es zum Einschlag kommen“ – so überschreibt eine Regionalzeitung online einen Beitrag. In der Überschrift und im Vorspann heißt es, dass es 2022 zum Einschlag kommen könnte. Dies befürchteten Experten. Im Text wird dann mitgeteilt, dass der Himmelskörper wahrscheinlich an der Erde vorbeifliegen werde. Bei Facebook wird der Beitrag mit diesem Hinweis angekündigt: „Asteroid rast auf die Erde zu: Experten rechnen mit Einschlag im Jahr 2022“. Ein Leser der Zeitung kritisiert die nach seiner Meinung irreführende Ankündigung bei Facebook. Die Zeitung nimmt zu der Beschwerde nicht Stellung.

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Wo Kinder Menschen erschießen

„Wir schaffen Parallelgesellschaften“. Mit dieser Aussage zitiert eine Regionalzeitung einen Bundeswehroffizier. Dieser war während seiner Dienstzeit in Afghanistan und arbeitet heute als Verwaltungsleiter in einem Rathaus. Das Zitat lautet weiter: „Dort (in Afghanistan, d. Red.) ist niemand unschuldig. Wenn die Kinder zehn oder zwölf Jahre alt sind und eine Waffe halten können, haben die schon einen Menschen erschossen.“ Der Mann spricht von einem Land, das sich in einer Art mittelalterlichem Feudalismus befinde. Er sagt der Zeitung: „Wir haben die Menschen dort in den Bergregionen, auf dem Land erlebt. Sie sind nicht integrierbar.“ Eine Leserin der Zeitung kritisiert diese und insbesondere die Interviewerin. Sie übernehme völlig unkommentiert einen Aufruf zur Verunglimpfung des ganzen afghanischen Volkes. Die Rechtsabteilung weist die Beschwerde als unbegründet zurück. Der Beitrag basiere auf dem Interview mit einem früheren Bundeswehroffizier und gebe dessen Schilderungen wieder. Bei den beanstandeten Aussagen handele sich um keine eigenen, sondern um Äußerungen eines Interviewpartners. Diese mache sich die Redaktion nicht zu eigen. Der Gesprächspartner schildere seine Erfahrungen, die er 2007 und 2008 in Afghanistan gemacht habe. Er komme zu der Auffassung, dass eine Integration der dort lebenden Menschen schwierig sei. Seine zusammenfassende Wertung möge generalisierend und überspitzt sein. Sie sei jedoch in den Kontext einer sachlichen Schilderung eingebunden. Die Autorin des Beitrages kommt in der Stellungnahme zu Wort. Aus ihrem Beitrag eine Verunglimpfung des afghanischen Volkes zu konstruieren, halte sie für überzogen. Der Mann schildere, was er erlebt habe. Das sollte durch Paragraf 5 des Grundgesetzes, das Recht auf freie Meinungsäußerung, gedeckt sein.

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Zeitung verletzt Persönlichkeitsrechte

„Wir haben die vermisste Shalomah (11)!“- unter dieser Überschrift berichtet eine Boulevardzeitung online über ein Mädchen, das Joggen gegangen und dann verschwunden war. Die Redaktion veröffentlicht ein unverpixeltes Polizei-Foto des Mädchens. Das Verschwinden sei offenbar aufgeklärt, heißt es weiter. Shalomah solle bei ihren leiblichen Eltern sein, die einer sogenannten „Prügel-Sekte“ angehörten. In den letzten acht Jahren habe Shalomah bei einer Pflegefamilie gelebt. Die leiblichen Eltern hätten sie dort abgeholt. Die Zeitung zeigt auch ein identifizierendes Foto der leiblichen Eltern mit einem ihrer Kinder, dessen Gesicht verpixelt ist. Ein Leser der Zeitung sieht einen Verstoß gegen Richtlinie 8.3 (Persönlichkeitsschutz bei Kindern und Jugendlichen). Das Bild der Minderjährigen verletze die Persönlichkeitsrechte des Mädchens. Die Beschwerde wurde um die identifizierende Aufnahme der Eltern erweitert. Die Rechtsvertretung der Zeitung rechtfertigt die Veröffentlichung des Bildes des Mädchens. Es habe sich um ein Foto gehandelt, das die Polizei im Rahmen der Öffentlichkeitsfahndung herausgegeben habe. Die Fahndung sei zum Zeitpunkt der Veröffentlichung noch nicht beendet gewesen.

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Zwei Menschen „wie im Blutrausch“ getötet

Unter der Überschrift „Interview mit einem Kindermörder“ berichtet eine Boulevardzeitung online über ein Verbrechen. Die Dachzeile lautet: „Marcel Hesse (23) tötete im Blutrausch zwei Menschen“. In der Unterzeile ist zu lesen, dass der mutmaßliche Mörder zuerst mit dieser Zeitung über seine Verbrechen gesprochen habe. Die Redaktion zeigt ein Foto von Hesse, das dieser kurz nach der Tat „an einen Kumpel“ geschickt habe. Der Kindermörder habe den Reporter zum Gespräch gebeten. Er war verurteilt worden, weil er den Nachbarsjungen Jaden (9) und seinen Internet-Bekannten Christopher (22) „wie im Blutrausch mit mehr als 100 Messerstichen getötet habe“. Dem Reporter gegenüber bestreitet der Verurteilte, dass er an einer dissozialen Persönlichkeitsstörung leide, „auch wenn ich mich bei der Tat von meiner schlimmsten Seite gezeigt habe.“ Die Redaktion zeigt Fotos des Täters sowie Bilder der beiden Opfer. Vier Leser der Zeitung kritisieren, dass auf einem Bild die unverpixelte Leiche des Jungen zu sehen sei. (Ziffer 8 des Kodex, Schutz der Persönlichkeit). Sie sehen auch Ziffer 11 des Kodex verletzt, weil die Redaktion eine unangemessene Darstellung von Leid, Brutalität und Gewalt veröffentlicht habe. Sie sehen auch Richtlinie 11.2 verletzt, da der Beitrag dem Täter eine Plattform gebe und die Zeitung sich somit direkt zum Werkzeug des Verbrechers mache. Die Rechtsvertretung der Zeitung weist die Vorwürfe der Leser zurück. Auch bei Aufbringung eines Höchstmaßes an Vorstellungskraft sei es nicht möglich, die Opfer im Hintergrund des kritisierten Aufmacher-Fotos zu erkennen. Gleichwohl habe die Redaktion das kritisierte Foto sofort von allen Plattformen der Zeitung gelöscht, nachdem erste Beanstandungen eingetroffen waren. Der Chefredakteur der Zeitung bekennt in einem Interview „einen schweren Fehler“. Noch am gleichen Tag habe er intern neue Regeln eingeführt, unter anderem ein Sechs-Augen-Prinzip und eine technische Änderung in der Fotodatenbank.

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