Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3!

Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.

Sie haben Fragen zu unseren Sanktionen? Hier finden Sie Erläuterungen.

 

Entscheidungsjahr
6642 Entscheidungen

Journalistische Sorgfaltspflicht missachtet

„Das Klinikum Offenburg sucht händeringend Helfer!“ Unter dieser Überschrift erscheint eine Meldung online in einer Boulevardzeitung. Ein Leser der Zeitung sieht in der Veröffentlichung einen Verstoß gegen Ziffer 2 des Pressekodex (Journalistische Sorgfaltspflicht). Entgegen der Behauptung im Artikel habe das Klinikum Offenburg – weder in der Corona-Krise noch davor – händeringend Helfer gesucht. Dies sei eine Falschmeldung. Die Zeitung will inhaltlich zu der Beschwerde nicht Stellung beziehen.

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„Artikel hätte nicht erscheinen dürfen“

Eine Zeitschrift, die sich dem Generalthema Freizeit verschrieben hat, veröffentlicht einen Beitrag unter der Überschrift „Prinzessin Diana – sie hatte eine heimliche Tochter“. Im ausführlichen Bericht wird auch ein Bild der angeblichen Tochter gezeigt. Ein Leser der Zeitschrift kritisiert Verstöße gegen presseethische Grundsätze. Die Zeitschrift schreibe, ein Arzt habe Prinzessin Diana nach einer gynäkologischen Untersuchung einen Embryo „geklaut“, ihn seiner eigenen Frau eingepflanzt und dann heimlich das Kind aufgezogen. Ans Licht gekommen sei dies jetzt durch das US-Magazin „Globe“, das einen entsprechenden Artikel schon im Jahr 2012 veröffentlicht habe. Das Magazin habe schon damals klargestellt, dass die Geschichte aus einem fiktiven Roman stamme. Der Autor des nunmehr kritisierten Artikels verschweige dies. Zu dem Bild der vermeintlichen Tochter habe das US-Magazin schon damals geschrieben, dass es sich dabei um eine Fotomontage handele. Der Beschwerdeführer: Der Artikel erwecke den Eindruck, es sei ein echtes Fot der echten heimlichen Tochter von Charles und Diana. Der Chefredakteur der Zeitschrift reagiert auf die Beschwerde mit einer Entschuldigung. Der Artikel hätte nicht erscheinen dürfen. Es habe keinen Anlass zu der Annahme gegeben, dass es sich um einen fiktiven Stoff handeln könnte. In der Redaktion habe das Vertrauen geherrscht, dass jede Kollegin und jeder Kollege für ihren bzw. seinen Bereich die Einhaltung grundlegender Sorgfaltsanforderungen gewährleistet. Deshalb habe kein anderer Redakteur, insbesondere kein Vorgesetzter, die ursprüngliche Geschichte selbst noch einmal überprüft. Das sei ein Fehler gewesen. Aber gerade in Zeiten schrumpfender Personalstärke sei ein „Gegencheck“ nicht flächendeckend möglich. Die Redaktion habe entschieden, den Fehler den Leserinnen und Lesern gegenüber transparent zu machen.

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Überschriften erwecken falschen Eindruck

Überschrift „Michael Schumacher: Endlich! Jetzt redet Sohn Mick Klartext: ´Die Gesundheit…´“. Im Beitrag geht es um die Neuansetzung eines wegen der Corona-Krise abgesagten Charity-Fußballspiels, an dem auch Michael Schumachers Sohn Mick teilnehmen werde. Kurz darauf veröffentlicht die Zeitung einen Artikel unter der Überschrift „Michael Wendler: Laura Müller macht Schluss – sie kündigt an…“ Hier geht es um den Plan der Freundin des Sängers Michael Wendler, sich ihre langen Haare kürzen zu lassen. Zu dieser Zeit erscheint ein Beitrag mit der Überschrift „Corona: Staat gibt zu - ´Es wurden geheime Lager angelegt, um…´“. Der Artikel beschäftigt sich mit dem Kaufverhalten der Deutschen im Zuge der Corona-Krise und möglichen Engpässen bei der Warenversorgung. Die Redaktion teilt mit, dass der Staat für Notfälle Lebensmittellager angelegt habe, um die Versorgung mit Grundnahrungsmitteln zu gewährleisten. Ein Leser der Zeitung wendet sich mit Beschwerden zu diesen drei Beiträgen an den Presserat. Er kritisiert, dass die Überschrift des ersten Artikels suggeriere, dass es in dem Beitrag Neuigkeiten über den Gesundheitszustand von Michael Schumacher durch seinen Sohn gebe. Das genannte Zitat beziehe sich jedoch auf die Gesundheit der Teilnehmer an dem Charity-Spiel. Die Überschrift des zweiten Artikels erwecke beim Leser den falschen Eindruck, als wolle sich die Freundin von Michael Wendler von diesem trennen. Die dritte Veröffentlichung beziehe sich auf eine Interview-Aussage von Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner, die auf die existierenden Notfallreserven hingewiesen habe. Sie habe dabei weder etwas „zugegeben“, noch sei die Existenz der Lager „geheim“. Lediglich ihre Standorte seien nicht bekannt. Die Überschrift sei daher nicht korrekt, sondern irreführend und unangemessen. Der Beschwerdeführer spricht davon, dass hier „Clickbaiting“ vorliege (etwa „Jagd auf Clicks um jeden Preis“). Das werde von der Zeitung mit System betrieben. Die Redaktion verfälsche mit Überschriften Informationen und untergrabe damit Ansehen und Glaubwürdigkeit der Medien. Die Rechtsabteilung des Verlages führt aus, der Beschwerdeführer versuche offensichtlich, den Presserat für seinen eigenen Feldzug gegen ihm unerwünschte Medien zu instrumentalisieren. So greife er mit seinen Beschwerden nicht etwa einzelne Veröffentlichungen an, sondern richte sich vielmehr gegen die Online-Ausgabe als solche. Im Zusammenhang mit der Veröffentlichung über die vom Staat vorgehaltenen Lebensmittellager räumt die Rechtsvertretung ein, dass der Artikel in Kombination mit der gewählten Überschrift nicht den üblichen redaktionellen Standards entspreche. Er sei zwischenzeitlich online nicht mehr abrufbar.

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Zeitung verletzt Persönlichkeitsrechte

„Junge Mutter in Leipzig getötet – Myriams Traum war eine eigene Pension am Meer“ -so überschreibt die Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung einen Beitrag. Der Artikel wird mit einem unverpixelten Foto des Opfers auf der Website „angeteasert“. In dem hinter der Paywall befindlichen Artikel ist das Opferfoto verpixelt. Als Quelle für das Bild wird Facebook genannt. Im Beitrag finden sich mehrere personenbezogene Daten (Vorname, abgekürzter Familienname, Alter, Studium, Beruf, ehemalige Studentenjob-Stelle). Auch der Name des Babys der Frau wird genannt. Ein Leser der Zeitung sieht in der Veröffentlichung Verstöße gegen presseethische Grundsätze. Die Zeitung habe die Persönlichkeitsrechte der beteiligten Personen verletzt. Auch das das Baby werde namentlich genannt. Die Fotos seien unverpixelt der Facebook-Seite des Opfers entnommen worden. Die Zeitung nimmt zu der Beschwerde nicht Stellung, obwohl der Presserat ihr dazu in zwei aufeinanderfolgenden Sitzungen die Möglichkeit gegeben hatte.

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Misshandlungen in allen Details geschildert

Eine Regionalzeitung berichtet online unter der Überschrift „Polizist nach sexuellem Missbrauch an Stieftochter verurteilt“ über eine Gerichtsverhandlung. Der Polizeibeamte – so berichtet die Zeitung – sei wegen des sexuellen Missbrauchs an seiner Stieftochter zu einer dreijährigen Gefängnisstrafe verurteilt worden. Der Mann habe sich über mehrere Jahre hinweg an dem Mädchen vergangen. Die Zeitung schildert die sexuellen Handlungen in allen Details. Es sei zwischen den beiden immer wieder zum Geschlechtsverkehr gekommen. Die sexuellen Handlungen seien einvernehmlich gewesen. Dies sei für die damals 15-jährige Stieftochter zur „Routine“ geworden. Sie habe sich in ihren Stiefvater „verliebt“. Eine Leserin und ein Leser wenden sich mit einer Beschwerde an den Presserat. Die detaillierte Schilderung der sexuellen Handlungen befriedige ein Sensationsbedürfnis. Die Schilderung sei unerheblich für die Berichterstattung und habe in ihrer Wirkung und Bildhaftigkeit nahezu kinderpornografischen Charakter. Zudem würden im Beitrag die zuvor voyeuristisch dargestellten Taten durch die verkürzt zusammengefasste Urteilsfindung relativiert. Durch die zahlreichen Beschreibungen der Familienkonstellation ließen sich Rückschlüsse auf die Identität der Betroffenen ziehen. Dies verletze in Verbindung mit der Veröffentlichung der Details zum Tathergang die Betroffenen in ihrer informationellen Selbstbestimmung. Der Chefredakteur der Zeitung widerspricht den Beschwerden. Er findet, die Berichterstattung sei in keiner Weise zu beanstanden. Der Text beinhalte die auch für das Gericht entscheidenden Umstände des Falles. Es sei absurd, dass die Beschwerdeführer die Darstellung durch die Redaktion als voyeuristisch oder gar kinderpornografisch bezeichneten. Um das Urteil zu verstehen und einordnen zu können, seien Informationen zum konkreten Tatgeschehen erforderlich. Die Berichterstattung folge dem Wortlaut der Staatsanwaltschaft, der damit die gleiche Motivation unterstellt würde, nämlich voyeuristische oder gar pornografische Intentionen zu haben.

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Vorwurf: Kinder rabiat zum Essen gezwungen

„Zwangsfütterung in (…) Kinderkrippe“ titelt eine Regionalzeitung gedruckt, online und auf Facebook. Im Beitrag geht es um den Prozess gegen Bianca H., die als Kinderpflegerin in einer Kinderkrippe gearbeitet hat. Dort – so wirft ihr die Staatsanwaltschaft vor - hat sie von 2015 bis 2017 Schutzbefohlene missbraucht. Sie soll unter anderem Kinder mit rabiaten Methoden zum Essen gezwungen haben. Beschwerdeführerin in diesem Fall ist Bianca H. Sie kritisiert die Nennung ihres Namens als betroffene Kinderpflegerin. Ihr werde vor Gericht Misshandlung Schutzbefohlener vorgeworfen. Der Bericht sei noch vor der Urteilsverkündung erschienen. In einer weiteren Berichterstattung sei ihr Name verfremdet worden. Die Rechtsvertretung der Zeitung weist den Vorwurf, die Redaktion habe die Persönlichkeitsrechte der Kinderpflegerin verletzt, zurück. Bereits im beanstandeten Beitrag sei nur ihr abgekürzter Familienname genannt worden. Das sei unzweifelhaft rechtmäßig. Die Berichterstattung wahre im Übrigen die Grenzen einer zulässigen Verdachtsberichterstattung. Der Autor gebe den Stand des Verfahrens zutreffend wieder, ohne die Beschwerdeführerin vorzuverurteilen. Durchgängig verdeutliche er, dass er die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft und Zeugenaussagen wiedergebe.

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Erpressungsunterstellung zurückgewiesen

„Bauern drohen mit Versorgungsengpässen“ – so lautet die Überschrift eines Beitrages in der Online-Version eines Nachrichtenmagazins. Es geht um die Auswirkungen der neuen Düngemittelverordnung. Die Lobbyorganisation der Bauern „Land schafft Verbindung“ fordere in einem offenen Brief an Kommissionspräsidentin von der Leyen eine Verschiebung dieser Verordnung und drohe angesichts der Corona-Krise damit, die Lebensmittelproduktion zu reduzieren. Vier Leser des Magazins wenden sich mit einer Beschwerde an den Presserat. Sie kritisieren im Kern, der Artikel erwecke den Anschein, als würden die Landwirte aktiv damit drohen, keine Lebensmittel mehr herzustellen oder zu liefern. Dabei hätten die Landwirte lediglich vor den Auswirkungen einer neuen Düngeverordnung gewarnt, deren Folge es sein könnte, dass die Versorgung mit Lebensmitteln aus und für Deutschland nicht mehr ohne weiteres sichergestellt sei. Der Brief an Frau von der Leyen werde so interpretiert, als missbrauchten die Landwirte die derzeitige Situation, die Bevölkerung zu erpressen. Der Beitrag – so die Beschwerdeführer – sei einseitig und gebe den Inhalt des Briefs „massiv falsch“ wieder. Die Rechtsabteilung des Verlages nimmt zu den Beschwerden Stellung. Niemand bezweifle, dass die Überschrift zu dem Artikel pointiert sei. Niemand bezweifle auch, dass der Pressekodex pointierte Überschriften zulasse. Es lasse sich - so die Rechtsvertretung des Magazins – trefflich darüber streiten, ob man das Wort „drohen“ als Zusammenfassung passend findet. Man könne aber nicht darüber streiten, ob seine Verwendung presseethisch zulässig sei.

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Wonach junge Mädchen geradezu „verrückt“ sind

Eine Jugendzeitschrift berichtet darüber, wonach junge Mädchen derzeit geradezu „verrückt“ sind. Es geht um bunte Haarreifen und Jeans. Mehrmals wird eine Firma genannt, über die die Gegenstände bezogen werden können. Sie werden von der Redaktion durchweg positiv besprochen. Da ist von absoluten „Wow-Momenten“ die Rede. Die Redaktion stellt fest, sie sei „in Love mit diesem Crop Top“, und sie jubelt: „Bei (…) haben wir eine Jeans gefunden, die jedem Mädchen steht!“ Die angepriesenen Gegenstände werden im Bild gezeigt. Die Preise werden genannt. Der Weg zu den Jeans wird durch Links zu den namentlich genannten Firmen gewiesen. Eine Leserin merkt an, in mehreren Artikeln seien Affiliate-Links nicht gekennzeichnet. Teilweise seien die Texte werblich gestaltet. Die Rechtsvertretung des Verlages weist den Vorwurf an die Redaktion zurück, sie habe gegen Ziffer 7 des Pressekodex (Trennung von werblichen und redaktionellen Inhalten) verstoßen. Es handele sich nicht um bezahlte Beiträge. Bei den Produkten gehe es um reine redaktionelle Empfehlungen, die nicht von den erwähnten Firmen bezahlt würden. Die Hinweise zu den Shops seien reine Affiliate-Links.

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„Advertorial“ reicht als Kennzeichnung nicht aus

Eine Fachzeitschrift veröffentlicht unter der Überschrift „Die neue Legende“ einen mit „Advertorial“ gezeichneten Beitrag über den Jeep Wrangler. Im Beitrag geht es um die vierte Generation dieses Wagentyps. Ein Leser der Zeitschrift sieht den Beitrag als Werbung, die nicht für alle Leser als solche erkennbar ist. Der Begriff „Advertorial“ sei nicht geeignet, allen Lesern zu verdeutlichen, dass es sich bei dem Beitrag um eine Anzeige handele. Die Redaktion nimmt zu der Beschwerde nicht Stellung.

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Einen Mord in New York im Detail gezeigt

Ein Mann wird in New York am helllichten Tag beim Überqueren eines Zebrastreifens aus einem Auto heraus erschossen. Eine deutsche Boulevardzeitung berichtet online über den Fall. Die Redaktion zeigt Ausschnitte aus einem Überwachungsvideo, das das spätere Opfer mit seiner sechsjährigen Tochter beim Überqueren der Straße zeigt. Ein Pfeil zeigt auf das Auto, das neben den beiden herfährt und dessen Fahrer eine Pistole aus dem Fenster hält. Nach einem Schnitt ist dann zu sehen, wie der Mann auf die Straße fällt und sterbend die Arme bewegt. Das Kind rennt weg. Die Szenen werden mehrfach wiederholt. Vorneweg blendet die Redaktion diese Warnung ein: „Achtung! Folgende Szenen könnten auf manche Zuschauer verstörend wirken“. Ein Leser wendet sich mit einer Beschwerde an den Presserat. Das Video zeige die Ermordung eines Menschen im Detail. Der Gang des Mannes über den Zebrastreifen, die Annäherung des Täters im Auto, die Schussabgabe, die letzten Bewegungen des Opfers – alles werde im Video gezeigt. Das den Mann begleitende sechsjährige Kind, dessen Angst und seine Flucht seien ebenfalls im Video zu sehen. Der Beschwerdeführer sieht die Persönlichkeitsrechte der beiden verletzt. Das Justiziariat des Verlags hält die Beschwerde für unbegründet. Das Video sei vom New York Police Department veröffentlicht und 335.000 Mal angesehen worden. Es sei für jedermann in der ganzen Welt zugänglich gewesen. Der ermittelnde Polizist habe die Bevölkerung um Mithilfe bei der Fahndung nach dem Mörder gebeten. Die Redaktion verwahre sich – so das Justiziariat – gegen den Vorwurf der Sensationsberichterstattung. Der berichtete Mord spiegele die Realität wieder: Die zunehmende Verrohung der US-Gesellschaft. Das Polizei-Video werde von der Redaktion in einen zeitgeschichtlichen Kontext eingeordnet. Damit sei die Wiedergabe weit entfernt von einem Verstoß gegen die Presseethik

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