Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3!

Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.

Sie haben Fragen zu unseren Sanktionen? Hier finden Sie Erläuterungen.

 

Entscheidungsjahr
6642 Entscheidungen

Fliegerei: Lücken im Kontrollsystem

Eine regionale Boulevardzeitung berichtet auf ihrer Titelseite über den Germanwings-Todesflug 4U9525 und zeigt den Co-Piloten, der die Maschine mit 150 Menschen an Bord bewusst in den Tod geflogen hat, mit einem unverfremdeten Bild. Die Überschrift zum Artikel lautet: „Wieso durfte so einer noch fliegen?“ Weiter ist zu lesen: „Der Amok-Pilot: Psychisch krank und Sehstörungen!“ Unter der Überschrift steht der Satz: „Das Kontroll-System hat versagt, die Angst bleibt…“ Nach Meinung eines Lesers der Zeitung sind die Tatsachenbehauptungen auf der Titelseite nicht durch juristische Voraussetzungen abgedeckt. Er kritisiert auch die Bezeichnung „so einer“. Er selbst fühle sich durch eine derartige Darstellung in seinen menschlichen Gefühlen zutiefst verletzt. Nach Darstellung der Rechtsabteilung der Zeitung sei es der Redaktion nicht darum gegangen, die Würde des Co-Piloten zu verletzen. Ihr Anliegen sei es vielmehr gewesen, die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf offensichtliche Lücken im Kontrollsystem zu lenken. Die Chefredaktion bedauere es, wenn sie durch die Gestaltung der Titelseite Gefühle der Leser bzw. des Beschwerdeführers verletzt habe. Die Chefredaktion ergänzt die Stellungnahme der Rechtsabteilung durch den Hinweis, nach der Germanwings-Katastrophe seien immer mehr Details herausgekommen. Spätestens mit der Nachricht, dass der Co-Pilot schon einmal eine depressive Episode durchlebt und an massiven Seh-Problemen gelitten habe, sei klar geworden, dass das Kontrollsystem bei der Lufthansa-Tochter Germanwings total versagt habe. Als Konsequenz daraus habe die Redaktion in der Überschrift die Frage gestellt, warum so einer noch habe fliegen können. Die Zeitung habe eine Diskussion angestoßen, in deren Verlauf auch die Frage aufgeworfen worden sei, ob Piloten-Ärzte anderen Schweige-Rechtsregeln unterworfen sein müssten als andere Mediziner.

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Germanwings: Zitate aus dem Cockpit

„Um Himmels Willen, öffne die Tür!“ titelt eine Online-Zeitung. Im Bericht ist die Rede von einer angeblichen Mitschrift der Gespräche auf dem Voice-Recorder des abgestürzten Germanwings-Flugzeuges (Flugnummer 4U9525). Demnach liege dem französischen Magazin „Paris Match“ nicht nur ein Video aus dem Unglücksflugzeug vor, sondern auch besagtes Gesprächsprotokoll. Dieses habe die Zeitschrift nicht als Audio-Datei. Sie zitiere vielmehr aus einem Gespräch, dass die Redaktion mit einem Ermittlungsbeamten geführt habe. Es spreche für die Authentizität der Wiedergabe, dass sich der Inhalt mit den Angaben der Staatsanwaltschaft Marseille bei deren Pressekonferenz decke. Im Artikel folgt auf diese Erläuterungen ein Protokoll der Geschehnisse bis zum Aufprall. Es enthält auch wörtliche Zitate des Co-Piloten und des ausgesperrten Piloten der Maschine. Aus Sicht eines Nutzers der Online-Zeitung verletzt die Veröffentlichung von vermutlich genauen Gesprächsprotokollen aus dem Flugzeug presseethische Grundsätze. Die Zeitung lasse die Achtung vor der Trauer der Angehörigen der Opfer vermissen, wenn sie scheibchenweise angebliche Wahrheiten veröffentliche. Die Chefredaktion der Zeitung vertritt hingegen die Meinung, die Redaktion habe in journalistisch geradezu mustergültiger Weise dargelegt, dass es eine Bestätigung für die Authentizität der Angaben nicht gebe, dass aber die Übereinstimmung mit Angaben der Staatsanwaltschaft für die Richtigkeit spreche. Angesichts der zunächst unklaren Hintergründe des Flugzeugunglücks sei es die selbstverständliche Aufgabe der Medien gewesen, alle seriösen Informationen weiterzugeben, auch wenn ihr Wahrheitsgehalt noch nicht abschließend geprüft werden konnte. So habe sich die Öffentlichkeit ein Bild des aktuellen Standes der Ermittlungen machen können. Ein sachliches Wortprotokoll könne nicht als unangemessen sensationell angesehen werden.

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„Alle werden eines Tags meinen Namen kennen“

„Amok-Pilot steckte in persönlicher Lebenskrise“ titelt die Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung. Im Beitrag geht es um die Frage, warum Andreas Lubitz die Germanwings-Maschine beim Flug 4U9525 mit 150 Menschen an Bord hat abstürzen lassen. Erste Hinweise habe es gegeben, wonach der Co-Pilot psychisch krank gewesen sei. Von Depressionen sei die Rede. Die Zeitung stellt die Frage, ob zu der Erkrankung auch noch eine Beziehungskrise hinzugekommen sei. Bei dieser Vermutung beruft sich die Redaktion auf Quellen in Sicherheitskreisen. Eine Arbeitskollegin, mit der Lubitz ein Verhältnis gehabt haben soll, wird sinngemäß zitiert. Danach war ihr damaliger Freund zuweilen jähzornig. Einmal habe er gesagt, dass er eines Tages etwas tun werde, was das ganze System verändern werde. Alle würden dann seinen Namen kennen und ihn in Erinnerung behalten. Die Redaktion zitiert britische Medien, denen zufolge sich Lubitz und seine Freundin am Tag vor der Katastrophe getrennt hätten. Der Beschwerdeführer sieht in der Berichterstattung einen Verstoß gegen den Pressekodex, weil auch der Co-Pilot möglicherweise nur Opfer gewesen sei. Die Brandmarkung als Amok-Pilot sei durch nichts zu rechtfertigen. Die Rechtsvertretung der Zeitung verweist auf die weltweit live übertragene Pressekonferenz der Staatsanwaltschaft Marseille. Dabei sei sein Name genannt und ihm die alleinige Schuld am Absturz der Maschine gegeben worden. Da der Pressekonferenz ein rechtsstaatliches Ermittlungsverfahren vorausgegangen sei, könne von einer Vorverurteilung nicht die Rede sein. Für ein überwiegendes Interesse an der Veröffentlichung des Namens und des unverfremdeten Fotos spreche das außergewöhnlich schwere und in seiner Dimension besondere Verbrechen. Wer ein Flugzeug abstürzen lässt und 149 Menschen mit in den Tod reiße, begehe ein Verbrechen von historischen Ausmaßen. Die Öffentlichkeit habe ein Recht zu erfahren, wer dafür die Verantwortung trage. Die Bezeichnungen des Co-Piloten als „Amok-Pilot“ oder „Massenmörder“ träfen den Kern dessen, was passiert sei, so die Rechtsvertretung weiter.

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Angehörige einer Verfolgung ausgesetzt

Die Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung setzt sich mit der Frage auseinander, wie die Eltern von Massenmördern weiterleben. Der Artikel ist untergliedert in die Schilderung des Elternschicksals nach spektakulären Verbrechen der letzten Jahre. Es beginnt mit dem Todespiloten Andreas Lubitz. Ein Trauma-Experte wird zitiert. Ihm zufolge stünden die Eltern unter Schock und machten sich große Vorwürfe. Sie würden sich fragen, was sie falsch gemacht hätten. Nächster Fall ist Anders Behring Breivik, der in Norwegen 77 junge Menschen bei einem Amoklauf auf einer kleinen Insel ermordete. Dessen Mutter habe vor langer Zeit das Sozialamt um Hilfe gebeten, weil sie überfordert gewesen sei, als sie mit ihrem zweijährigen Sohn nicht mehr fertig wurde. Die Mutter von Tim Kretschmer, der in Winnenden 15 Menschen umbrachte, wird mit dem Satz zitiert, sie habe ihren Sohn schon vor dem Jahr 2009 verloren. Den Tim Kretschmer, der die Tat begangen habe, kenne sie nicht. Die Mutter von Robert Steinhäuser, dem in Erfurt 16 Menschen zum Opfer fielen, sagte einer Zeitung, sie könne vor der Erinnerung nicht mehr fliehen. Diese würde sie an jedem Ort der Welt einholen, wohin sie auch fliehen wolle. Die Zeitung zeigt die vier jungen Männer, ohne die Fotos unkenntlich zu machen. Der Beschwerdeführer, ein Leser der Zeitung und Rechtsanwalt, kritisiert die Berichterstattung, weil die Angehörigen „eines lediglich Tatverdächtigen“ einer nicht vertretbaren und öffentlich bloßstellenden Verfolgung ausgesetzt würden. Die Rechtsabteilung der Zeitung hält die Vorwürfe für unbegründet. Die Thematisierung des familiären Hintergrundes des Co-Piloten Andreas Lubitz verstoße nicht gegen den Pressekodex. Das Interesse der Öffentlichkeit überwiege entgegenstehende Interessen des Co-Piloten deutlich. Die Öffentlichkeit habe ein Recht, zu wissen, wer für das Verbrechen verantwortlich ist, welcher Mensch die Tat begangen habe, wie er aussehe, was er vorher getan habe oder welche Krankheiten er möglicherweise gehabt habe. Dieses Wissen sei essenziell für die historische und emotionale Aufarbeitung. Die Identifizierbarkeit der Eltern sei eine unvermeidbare Begleitfolge der Kriminalberichterstattung über ihren Sohn. Dadurch, dass dessen Name und Wohnort genannt würden, sei die Identifizierung der Eltern unvermeidbar. Dabei dürfe es keine Rolle spielen, dass die Größe der Stadt Montabaur die Identifizierung der Eltern möglicherweise erleichtere. Dies ändere nichts an dem Schrecken des Verbrechens. Die Entscheidung der Redaktion, den Co-Piloten in eine Reihe zu stellen mit anderen Tätern, sei legitim und nicht zu beanstanden. Die Bezeichnung „Massenmörder“ sei eine zutreffende Beschreibung dessen, was in all diesen Fällen vorgefallen sei. Ein Massenmörder sei kriminalwissenschaftlich eine Person, die binnen kurzer Zeit eine Vielzahl von Menschen töte. Der Vorwurf der Vorverurteilung sei abwegig. Es könne kein vernünftiger Zweifel daran bestehen, dass der Co-Pilot den Germanwings-Absturz vorsätzlich verursacht habe.

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Opfer-Angehörige identifizierend dargestellt

Eine Regionalzeitung veröffentlicht einen Bericht mit dem Titel „Deutsche Schulklasse stirbt bei Flugzeugkatastrophe in den Alpen“. Über dem Text ist ein Bild platziert. Es zeigt trauernde Angehörige am Flughafen in Barcelona, von wo aus der Germanwings-Flug 4U9525 gestartet war. Die Angehörigen werden unverfremdet gezeigt. Die identifizierende Darstellung der Angehörigen von Opfern verstößt nach Auffassung eines Lesers der Zeitung gegen presseethische Grundsätze des Pressekodex. Der stellvertretende Chefredakteur der Zeitung bekennt, dass die Veröffentlichung des Fotos ein Fehler gewesen sei. Die Redaktion habe dazu noch am gleichen Tag online eine Erklärung abgegeben und ihr Bedauern zum Ausdruck gebracht. Auch in der Print-Ausgabe habe die Erklärung tags darauf gestanden.

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Warum der Name Andreas Lubitz genannt werden darf

„Copilot war krankgeschrieben – Vor Arbeitgeber wohl verheimlicht“ – unter dieser Überschrift berichtet eine Nachrichtenagentur über den Absturz des Germanwings-Fluges 4U9525. In der Wohnung des Co-Piloten, der mutmaßlich die Unglücksmaschine mit 150 Menschen an Bord absichtlich an einem Berg zerschellen ließ, seien offenbar zerrissene Krankenscheine gefunden worden. Diese Krankmeldungen seien dem Arbeitgeber offensichtlich nicht mitgeteilt worden. Im Bericht wird weiter erwähnt, der 27-jährige Andreas Lubitz stehe im Verdacht, den Piloten aus dem Cockpit ausgesperrt und die Maschine mit voller Absicht auf Todeskurs gebracht zu haben. Ein Leser hält die Nennung des vollen Namens des Co-Piloten für unzulässig. Die Agentur antwortet auf die Beschwerde mit dem Hinweis, zum Zeitpunkt der Verbreitung der kritisierten Meldung und danach hätten alle Ermittlungsergebnisse darauf hingedeutet, dass der Co-Pilot das Flugzeug zum Absturz gebracht habe, um dabei offensichtlich sich selbst und die anderen 149 Menschen an Bord zu töten. Nach Richtlinie 8.7 des Pressekodex (Selbsttötung) ist üblicherweise bei der Berichterstattung Zurückhaltung zu üben. Angesichts von 149 Opfern spiele der mutmaßliche Suizid des Co-Piloten jedoch eine untergeordnete Rolle. Im vorliegenden Fall handele es sich um eine außergewöhnlich schwere Tat im Sinne der Richtlinie 8.1. Gerade der Beruf des Piloten genieße in der Öffentlichkeit großes Vertrauen. Nach allen vorliegenden Erkenntnissen habe Andreas Lubitz dieses Vertrauen missbraucht. Die Ausnahme der Richtlinie 8.2, wonach bei Vorliegen konkreter Anhaltspunkte für eine Schuldunfähigkeit auf eine identifizierende Berichterstattung zu verzichten sei, greife in diesem Fall nicht, meint die Agentur. Weder eine etwaige Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für den Tattag noch die generelle Erkenntnis um depressive Neigungen könnten ein ausreichender Anhaltspunkt für eine Schuldunfähigkeit sein. Die Redaktion der Agentur habe sich nach eingehender Abwägung zur Nennung des vollen Namens entschlossen und stehe nach wie vor zu dieser Entscheidung.

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Das Verhalten der Medien dokumentiert

Die Internet-Plattform einer Wirtschaftszeitung berichtet über den Umgang der Medien mit der Identität des Co-Piloten der abgestürzten Germanwings-Maschine. Es wird aufgezählt und mit Bildern illustriert, ob und wann welche deutschen und internationalen Medien den vollständigen Namen des Co-Piloten genannt und Fotos von ihm ohne Verfremdung gezeigt hätten. Die Plattform selbst nennt den vollständigen Namen des Unglücks-Piloten und zeigt ihn unverfremdet im Bild. Ein anonymisierter Beschwerdeführer kritisiert den Beitrag. Nach seiner Meinung würden unter dem Deckmantel einer objektiven Dokumentation personenbezogene Merkmale unzulässig verbreitet. Die Rechtsabteilung der Internet-Plattform vertritt die Ansicht, der Co-Pilot spiele bei einer der schwersten Tragödien unserer Zeit eine entscheidende Rolle. Der Germanwings-Absturz sei ein Ereignis von großer zeitgeschichtlicher Bedeutung gewesen. Dieses sei für die Öffentlichkeit unfassbar, was wiederum ein hohes Bedürfnis nach Aufklärung und Verarbeitung begründe. Die jetzt kritisierte Berichterstattung stelle nicht das Ereignis selbst in den Vordergrund, sondern seine Aufarbeitung in den Medien. Auch werde der Kontrast zu den anglo-amerikanischen Medien aufgezeigt, die in solchen Fällen weniger Zurückhaltung übten, als dies in Deutschland üblich sei. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung habe es bereits hinreichende Anzeichen für einen durch den Co-Piloten herbeigeführten Absturz gegeben. Es habe sich um eine außergewöhnlich schwere und in ihrer Dimension besondere Tat gehandelt. Auch besteche der Widerspruch zwischen der Funktion des Verdächtigen als Pilot einer Passagiermaschine und dem Vorwurf, diese bewusst mit 150 Menschen an Bord zum Absturz gebracht zu haben.

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„Den Presseausweis zurückgeben“

Die identifizierende Berichterstattung über den Germanwings-Piloten, der im März 2015 149 Menschen mit in den Tod gerissen hat, ist Thema in einem Internet-Medien-Portal. Die Überschrift lautet: „Wer den Namen Andreas Lubitz nicht nennen will, sollte überlegen, seinen Presseausweis zurückzugeben“. Der Autor vertritt die Meinung, dass man den Namen des Mannes nennen und sein Bild unverfremdet zeigen müsse, wenn man den Journalismus ernst nehme. Wer ein vollbesetztes Flugzeug absichtlich an einem Berg zerschellen lasse, sei automatisch eine Person der Zeitgeschichte. Aus Sicht eines Nutzers des Portals legt der Autor Journalisten, die sich medienrechtlich und medienethisch korrekt verhalten, nahe, ihre Tätigkeit aufzugeben. Das sei ein fatales Signal in der medialen Binnen- wie auch in der öffentlichen Außenwirkung. Im Grunde handele es sich um ein Plädoyer gegen gemeinhin akzeptierte Leitlinien des Presserats. Die Rechtsvertretung des Medienportals hält es wegen des großen öffentlichen Interesses an der Germanwings-Katastrophe für gerechtfertigt, den Co-Piloten beim Namen zu nennen und sein Bild zu veröffentlichen. Ein vom Beschwerdeführer angenommener Verstoß gegen die Ziffern 1 und 8 des Pressekodex (Wahrhaftigkeit und Achtung der Menschenwürde, bzw. Schutz der Persönlichkeit) liege damit nicht vor. Auch Ziffer 13 sei nicht berührt. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung seien die Ermittlungen soweit fortgeschritten gewesen, dass keine ernsthaften Zweifel an der Schuld von Andreas Lubitz bestanden hätten.

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Begriff „Sex-Mörder“ verletzt Pressekodex

Das Justizministerium eines Bundeslandes hat einen Zeichenwettbewerb für Inhaftierte ausgeschrieben. Die Regional-Ausgabe einer Boulevardzeitung berichtet gedruckt und online unter den Überschriften „Kinderschänder, Betrüger und Sex-Mörder von Ministerin ausgezeichnet“ bzw. „Kinderschänder, Betrüger und Sex-Mörder ausgezeichnet“ über den Vorgang. Die drei Erstplatzierten werden von der Zeitung vorgestellt. Über den Drittplatzierten heißt es: „Platz 3 – Andy R. (30), der eine junge Gymnasiastin (17) missbrauchte und totprügelte. Für das Verbrechen sitzt er seit 2005 lebenslänglich hinter Gittern.“ Das von ihm angefertigte Bild zeige einen Mann, der unschlüssig vor einer Tafel mit Wegweisern stehe. Über sein Werk habe er sich der Zeitung gegenüber so geäußert: „Es ist ein Symbol dafür, dass man im Leben alle Entscheidungen selbst trifft.“ Zu den Artikeln gestellt ist ein Foto, auf denen die Preisträger mit ihren Werken und die Justizministerin abgebildet sind. In der Bildunterschrift wird der Drittplatzierte als „Sex-Mörder Andy R.“ bezeichnet. Dieser ist in diesem Fall der Beschwerdeführer. Die Veröffentlichung des Fotos und seiner persönlichen Daten verletze ihn in seinem Persönlichkeitsrecht. Er habe zwar dem Justizministerium und einem Mitarbeiter des für die JVA zuständigen privaten Dienstleisters gegenüber eine Einverständniserklärung zur Anfertigung des Fotos abgegeben. Der Vertreterin der Zeitung gegenüber habe es jedoch ein solches Einverständnis nicht gegeben. Auch sei die Behauptung der Zeitung falsch, dass er ein Sexualmörder sei. Er habe seinerzeit ein Sexualdelikt nur vorgetäuscht, um den Verdacht auf eine andere Person zu lenken. Auch das Gericht habe festgestellt, der Tat habe zu keiner Zeit eine sexuelle Ambition zugrunde gelegen. Der Zeitungsartikel sei ein Schlag ins Gesicht der Hinterbliebenen, gefährde jedoch auch seine Resozialisierung. Er habe an mehreren Buchprojekten teilgenommen und sei Mitglied der Redaktion der Anstaltszeitung. Er nehme regelmäßig an Veranstaltungen von Straffälligenvereinen teil. Dabei gehe es um einen Brückenschlag nach draußen in die Gesellschaft. Bei ihm spreche man von einer günstigen Sozialprognose. Er frage sich aber, wie es in Zukunft mit ihm weitergehen solle, wenn er durch einzelne Pressevertreter denunziert und verleumdet werde. Die Rechtsvertretung der Zeitung teilt mit, das kritisierte Foto sei im Rahmen eines offiziellen Termins mit der Justizministerin und ersichtlich mit Zustimmung des Beschwerdeführers entstanden. Er habe sogar mit der Berichterstatterin gesprochen. Die Bezeichnung als „Sex-Mörder“ sei eine zulässige Bewertung der begangenen Straftat. Dies vor allem deshalb, weil der Beschwerdeführer nach eigenen Angaben ein Sexualdelikt vorgetäuscht habe.

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„Das wäre ein nationaler Notfall“

Eine Wochenzeitung berichtet unter der Überschrift „Die Rache aus dem Stall“ über die Zunahme von Infektionen durch multiresistente Keime. Der Autor sieht die Ursache in der Massentierhaltung. Nach Auskunft des Gesundheitsministeriums sterben bis zu 15.000 Menschen pro Jahr an Infektionen. In viehreichen Gebieten seien fast 80 Prozent der Landwirte mit solchen gefährlichen Keimen besiedelt. Bauern würden Antibiotika ins Trinkwasser der Tiere kippen. Der massive Antibiotika-Einsatz biete den idealen Nährboden für multiresistente Keime. Besonders betroffen von der Kolonisierung mit Keimen seien Landwirte, Veterinäre, aber auch ökologisch lebende Naturfreunde, die Eier und Milch direkt auf dem Hof kaufen. Der Vorsitzende der britischen Sepsis-Stiftung habe für Großbritannien – so die Zeitung weiter – ein Szenario vorgestellt, wonach die Zahl der Todesopfer durch bakterielle Infektionen um das Zehnfache steigen könnte, innerhalb von drei Jahren auf eine Million. Das wäre ein nationaler Notfall, vergleichbar mit einem Terrorangriff. Schuld sei das System, denn keine Lobby in Deutschland sei so mächtig wie die Interessenvertreter der Agrarindustrie. Der Autor erwähnt das Beispiel einer Patientin, die wegen einer Harnwegserkrankung beim Arzt gewesen sei. Dieser habe zunächst ein Medikament, dann fünf andere verschrieben. Insgesamt hätten 20 Medikamente nicht geholfen. Die Frau sei verstorben. In einem später veröffentlichten Leserbrief habe der Arzt klargestellt, die Medikamente seien nicht nacheinander verschrieben worden. Vielmehr seien 19 im Labor getestet worden, von denen nur eines verwendbar gewesen sei. Ein Leser der Zeitung wirft dieser vor, mit dem Artikel entehrende und menschenverachtende Inhalte zu verbreiten, die Landwirte und Tierärzte diskriminierten. Die Feststellung, dass Landwirte und Tierärzte größtenteils mit resistenten Keimen besiedelt seien, sei eine schwerwiegende Stigmatisierung dieser Berufsgruppen. Als Konsequenz werde die soziale Isolierung dieser Berufsgruppen empfohlen. Da der Autor auch dazu rate, Hofläden und landwirtschaftliche Betriebe im Allgemeinen großräumig zu meiden, werde gegen mehrere presseethische Grundsätze verstoßen. Mit der Behauptung, es würden einfach Antibiotika ins Trinkwasser der Tiere gekippt, beschuldige die Zeitung die Landwirte pauschal des Rechtsbruchs. Seit 2006 sei der Antibiotika-Einsatz nur noch nach Diagnose durch den Tierarzt erlaubt, nicht jedoch präventiv. Die Erwähnung des britischen Szenarios und der Vergleich mit einem Terrorangriff sei ein Verstoß gegen Ziffer 14 des Pressekodex (Medizinberichterstattung). Die Rechtsvertretung der Zeitung weist auf mehrere Studien hin, wonach Landwirte und Tierärzte deutlich häufiger mit resistenten Keimen besiedelt sind. Allein 2013 seien in Deutschland laut Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit 1.452 Tonnen Antibiotika an Tiere verabreicht worden. Die Rechtsvertretung wendet sich abschließend gegen die Behauptung des Beschwerdeführers, die Redaktion fordere eine Isolation der betroffenen Berufsgruppen. Dies sei schlicht eine unanständige Unterstellung.

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