Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3!
Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.
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6642 Entscheidungen
„Vom Müllwagen überrollt: Siebenjähriger getötet – Einsatzkräfte sind schockiert“ titelt eine Regionalzeitung online. Sie berichtet über einen schweren Verkehrsunfall, dem ein Kind zum Opfer gefallen ist. Zum Beitrag gestellt ist ein Foto, das den Unfallwagen sowie das Fahrrad des Kindes und dessen abgedeckten Leichnam zeigt. Ein Leser der Zeitung sieht die Berichterstattung als unangemessen sensationell an. Das Foto verletze die Gefühle der vom Unglück Betroffenen. Die Verlagsleitung nimmt Stellung. Immer wieder gerieten Radfahrer in den toten Winkel eines abbiegenden Lastwagens. In letzter Zeit hätten sich derartige Unfälle mit oftmals tödlichem Ausgang gehäuft und eine öffentliche Diskussion angestoßen. Unabhängig davon habe der Unfall, über den die Redaktion jetzt berichtet habe, zusätzlich besondere Aufmerksamkeit erregt. Das Unglück habe zu der aktuellen Diskussion im Zusammenhang mit der sicherheitstechnischen Ausstattung bei kommunalen Fahrzeugen beigetragen. Angesichts der Besonderheiten dieses Falles habe die Redaktion das Foto als angemessen und im Sinne des öffentlichen Interesses als einen sinnvollen und aufrüttelnden Beitrag zur aktuellen Diskussion bewertet.
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Eine Großstadtzeitung berichtet in ihrer Online-Ausgabe über ein Verfahren gegen Ärzte wegen Werbung für Abtreibungen. Ein Leser des Blattes sieht zwei sachliche Fehler. Zum einen wird die Allgemeinärztin Kristina Hänel als Gynäkologin bezeichnet. Zweitens sei der Hinweis auf Anträge zur Änderung der Gesetzeslage im Bundestag fehlerhaft. Nicht nur die Union wolle den entsprechenden Paragrafen beibehalten, wie im Text behauptet, sondern auch die AfD. Die Ressortleiterin Digital gibt dem Beschwerdeführer Recht. Die Redaktion bedauere die beiden Fehler und habe sie transparent korrigiert.
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Eine Zeitschrift veröffentlicht unter der Überschrift „Natürlich & Gesund“ eine vierseitige Verlags-Sonderveröffentlichung zum Thema Homöopathie. Der Beilage folgt eine Seite mit Anzeigen für homöopathische Mittel. Ein Leser der Zeitschrift hält die Veröffentlichung für Werbung, die nicht als solche erkennbar gemacht worden sei. Die Einbettung von Anzeigen suggeriere, dass es sich dabei um einen redaktionellen Beitrag handele. Der Beschwerdeführer sieht auch eine Verletzung der Ziffer 14 des Pressekodex (Medizinberichterstattung), da in der Veröffentlichung enthaltene Aussagen zum Teil nicht haltbar seien. Die Rechtsabteilung des Verlages hält dagegen und betont, dass die kritisierte Veröffentlichung klar zwischen redaktionellem und werblichem Inhalt trenne. Die Seiten mit dem redaktionellen Teil seien deutlich mit dem Hinweis „Verlagssonderveröffentlichung“ gekennzeichnet. Es folge eine Seite mit klar erkennbaren Anzeigen. Auch ein Verstoß gegen die Ziffer 14 des Pressekodex (Medizin-Berichterstattung) liege nicht vor. Ob homöopathische Arzneimittel wirksam seien oder nicht, sei in Fachkreisen zwar umstritten, werde jedoch nicht einhellig verneint.
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„Vier gute Gründe für den Gang ins Reisebüro“ titelt eine Lokalzeitung online. In dem Artikel kommt der Inhaber eines örtlichen Reisebüros zu Wort. Er nennt Gründe, warum Kunden vor Ort und nicht im Internet ihre Reise buchen sollten. Er hebt dabei sein Unternehmen positiv hervor. Die Telefonnummer des Reisebüros wird genannt. Internet-Anbieter werden kritisch bewertet. Ein Leser der Zeitung sieht in dem Beitrag Werbung bzw. Schleichwerbung für das Reisebüro. Die Veröffentlichung enthalte zudem unterschwellige Vorwürfe gegen die Internet-Konkurrenz. Die Rechtsvertretung der Zeitung teilt mit, dass es sich bei der Veröffentlichung um eine Anzeige handele. Diese sei eigentlich Teil einer Anzeigen-Sonderveröffentlichung, die in gedruckter Form in einem Anzeigenblatt verbreitet worden sei. Dort sei sie auf Grund ihrer Aufmachung als reine Anzeigen-Veröffentlichung zu erkennen gewesen. Der nunmehr kritisierte Bericht sei offensichtlich durch eine automatisch ausgelöste Archivfunktion in die Zeitung geraten. Die Redaktion habe den Beitrag nach Eingang der Beschwerde gelöscht.
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Eine Frau teilt mit, dass sie einen Autounfall gehabt hat und kurz danach – noch im Auto sitzend – von einem Mitarbeiter der örtlichen Zeitung fotografiert worden sei. Sie habe ihn gebeten, das Fotografieren zu unterlassen. Die Antwort: Er sei von der Zeitung und müsse solche Bilder machen. Am Tag nach dem Unfall erscheint in der Zeitung ein Artikel mit der Überschrift „Pick-up fährt in Teich – Fahrerin leicht verletzt“. Der Unfallwagen wird im Bild gezeigt. Das Bild entstand, nachdem die Fahrerin das Auto verlassen hatte. Die Beschwerdeführerin in diesem Fall ist die Frau, die den Unfall hatte. Sie kritisiert eine Verletzung der Recherchegrundsätze, ihres Persönlichkeitsschutzes sowie ihrer Menschenwürde (Kodexziffern 1, 4 und 8). Die Frau sieht auch Ziffer 2 (Journalistische Sorgfaltspflicht) verletzt, da der Autor des Artikels nicht mitteilt, dass sie von einem Lkw abgedrängt worden sei. Der Redakteur, der den Bericht geschrieben hat, teilt mit, dass er beim Fotografieren penibel darauf geachtet habe, dass das Unfallopfer auf dem Foto nicht zu erkennen war. Dies habe er der Beschwerdeführerin, die weniger verletzt als vielmehr stocksauer gewirkt habe, ruhig und sachlich erklärt. Er habe Bilder von dem Wagen gemacht, als die Beschwerdeführerin noch darin saß, weil er die Situation dokumentieren wollte. Als er festgestellt habe, dass er den Wagen im Teich doch noch ohne das Unfallopfer abbilden konnte, habe er alle zuvor angefertigten Fotos gelöscht und die Polizei gebeten, dies zu kontrollieren. Dem anwesenden Notarzt habe er dies mitgeteilt und ihn gebeten, er möge es seiner Patientin ausrichten. Der Verleger der Zeitung, der einen Brief der Beschwerdeführerin ähnlich dem bekommen hat, den sie an den Presserat geschrieben hat, reagiert mit dem Hinweis, dass er in der Vorgehensweise des Redakteurs keinen Fehler sehe.
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Ein kleiner Schuppen brennt. Die Lokalzeitung berichtet darüber gedruckt und online an zwei Tagen. Sie nennt die Adresse. Der Schuppen liege am „Pappelweg 6“. Der Besitzer des Schuppens sieht durch die Nennung der Adresse seine Persönlichkeitsrechte verletzt. Die Rechtsvertretung der Zeitung weist den Vorwurf zurück. Durch die Nennung der Adresse werde den Lesern nicht mehr mitgeteilt, als sich jedem Spaziergänger erschließe, der den Pappelweg entlang gehe. Die Rechtsprechung verneine eine Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts, sofern die Abbildung eines Anwesens nur das wiedergebe, was auch für den vor Ort anwesenden Betrachter klar zu Tage trete. Die Nennung von Straße und Hausnummer lasse sich auch nicht unmittelbar mit dem Namen des Beschwerdeführers in Verbindung bringen. Die Rechtsvertretung schließt ihre Stellungnahme mit dem Hinweis, dass mit der Berichterstattung keine Aussage verbunden gewesen sei, die den Beschwerdeführer beeinträchtigen könnte. Der Fokus der Berichte liege auf der Berichterstattung über das Feuer und den Ort des Geschehens.
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„Tschetschene verletzt Vater und Kind“ titelt eine Regionalzeitung. Im Bericht geht es um den Angriff eines 21-Jährigen auf einen 36-Jährigen und sein Kind in einem Einkaufszentrum. Auch im Text nennt die Zeitung die Ethnie des Angreifers, der in dem Einkaufszentrum bereits Hausverbot gehabt habe. Der Autor berichtet, dass nach ersten Erkenntnissen der Angreifer mit einer verschleierten Frau unterwegs gewesen sein soll. Der angegriffene Vater soll ihm etwas zu gezischt haben. Ein Leser der Zeitung kritisiert die wiederholte Nennung der Nationalität des Angreifers. Der stellvertretende Chefredakteur der Zeitung teilt mit, dass es in der Stadt und ihrer Umgebung wiederholt zu gewalttätigen Auseinandersetzungen gekommen sei, an denen stets Mitlieder einer tschetschenischen Großfamilie beteiligt gewesen seien. Gewalttätige Streitigkeiten im Einkaufszentrum hätten sich gehäuft. In einer Nachbarstadt habe es eine Schlägerei auf dem Marktplatz gegeben. Diese Ereignisse seien Stadtgespräch und auch Gegenstand der Berichterstattung gewesen. Dass es ein Problem mit der Großfamilie gebe, beschäftige sowohl die Polizei als auch die Staatsanwaltschaft. Ermittlungsverfahren seien unter anderem wegen gefährlicher Körperverletzung, Nötigung, Diebstahl und Hausfriedensbruch im Gange. Drei Brüder aus der Familie seien vom Amtsgericht wegen diverser Delikte verurteilt worden. Vor diesem Hintergrund handele es sich im konkreten Fall nicht um eine diskriminierende Verallgemeinerung, sondern um eine gerechtfertigte Berichterstattung. Diese stelle einen Kontext her, der den Lesern bekannt sei. Das Kriterium des öffentlichen Interesses sei in diesem Fall erfüllt.
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Eine regionale Boulevardzeitung berichtet online unter der Überschrift „Gerichtsurteil in Gießen – Ärztin informiert über Abtreibung – und wird zu 6.000 Euro Geldstrafe verurteilt“ über den Prozess gegen Kristina Hänel. Ein Leser der Zeitung kritisiert, dass die Allgemeinärztin Hänel als Frauenärztin bezeichnet werde. Der Chefredakteur antwortet auf die Beschwerde. Richtig sei, dass Frau Hänel Fachärztin für Allgemeinmedizin sei. In ihrer Praxis könnten Patientinnen aber nun einmal auch gynäkologische Behandlungen in Anspruch nehmen – also etwa auch Abtreibungen durchführen lassen. Sie möge vielleicht keine Facharztausbildung in Gynäkologie absolviert haben, sei aber doch berechtigt, gynäkologische Eingriffe vorzunehmen bzw. wie eine Frauenärztin zu agieren. Der Unterschied zwischen einer zur Vornahme von Schwangerschaftsabbrüchen berechtigten (Frauen-)Ärztin und einer „Gynäkologin“ bzw. Fachärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe könne unmöglich in einer kurzen Bildunterschrift zum Ausdruck gebracht werden.
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Ein Nachrichtenmagazin veröffentlicht online ein Video, in dem zu sehen ist, wie ein Mann versucht, einen Hund in einem Eimer mit kochendem Wasser zu ertränken. Überschrift: „Chinese versucht lebendigen Hund zu kochen, doch der kann sich retten.“ Der Hund kann entkommen. Im Hintergrund sind Laute des Hundes zu hören und das Lachen von mehreren Personen. Die Sequenz wird in dem Video dreimal gezeigt. Aus dem Off heißt es am Ende, es sei zu hoffen, dass dieser „kleine Vierbeiner auch weiterhin nicht als Delikatesse endet.“ Ein Leser der Zeitschrift sieht sowohl in der Überschrift als auch in der Darstellung des Videos einen Verstoß gegen die Ziffer 11 des Pressekodex (Sensationsberichterstattung, Jugendschutz). Hier werde gezeigt, wie ein Mensch einem lebenden Tier unsagbares Leid zufüge. Die Art des Kommentars lasse zudem den Schluss zu, dass dieses Verhalten verharmlost werde. Der Beschwerdeführer findet es „widerlich und absolut verantwortungslos“, dass ein vermeintlich seriöses Nachrichtenmagazin so etwas verbreite. Die Leiterin des Bereichs Video nimmt Stellung. Im Bericht werde mitgeteilt, dass dem Hund nichts geschehen sei. Es könne als nicht die Rede von schweren Verletzungen und unsagbarem Leid die Rede sein. Der Pressekodex verlange nicht, Brutalität oder Leid aus der Berichterstattung auszuklammern. Sonst könnte die Presse ihrem Informationsauftrag nicht gerecht werden. Durch den Hinweis „verstörende Bilder“ und die textliche Beschreibung dessen, was im Video zu sehen sei, hätten die Nutzer hinreichend Gelegenheit gehabt, vom Ansehen des Videos Abstand zu nehmen. Die Darstellung sei im vorliegenden Fall auch nicht besonders voyeuristisch gewesen. Es seien keine Nahaufnahmen, Zeitlupen oder dergleichen gezeigt worden. Dass die Sequenz mehrmals wiederholt wurde, liege allein daran, dass die so kurz gewesen sei.
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„Ist der Mann retrosexuell? - Abtreibungsparagraf: ´Heute Show´ knöpft sich Jens Spahn vor“- so überschreibt eine Illustrierte online anhand der ZDF-Satiresendung einen Bericht über die Abtreibungsdebatte in Deutschland. Der Beschwerdeführer in diesem Fall kritisiert, dass die Allgemeinärztin Dr. Kristina Hänel im Bericht als Gynäkologin bezeichnet wird. Die Rechtsabteilung des Magazins nimmt Stellung. Der Autor habe die Berufsbezeichnung „Gynäkologin“ aus der „Heute Show“ übernommen. Tatsächlich – so die Rechtsabteilung – sei Frau Hänel Fachärztin für Allgemeinmedizin. Die Redaktion habe den Artikel umgehend korrigiert und eine Richtigstellung am Ende des Artikels veröffentlicht. Die Rechtsabteilung schließt ihre Stellungnahme mit dem Hinweis, dass es sich bei dem Beschwerdeführer um denjenigen handele, der die in dem Beitrag erwähnte Ärztin angezeigt habe. Seit gut drei Jahren erstatte der Mann Anzeigen gegen Arztpraxen, die online angeben, dass sie Schwangerschaftsabbrüche vornehmen. Er habe schätzungsweise 60 bis 70 Anzeigen erstattet. Das sei halt so sein Hobby.
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