Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
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6642 Entscheidungen
Eine Lokalzeitung berichtet über eine 36-jährige Roma-Frau. Fünf Tage, bevor sie ihren Sohn zur Welt gebracht habe, sei sie in U-Haft genommen worden. Jetzt büße sie wegen Sozialbetrugs eine dreijährige Haftstrafe ab. Das Kind sei in einer Pflegefamilie untergebracht, habe einmal pro Woche eine Spielstunde mit seiner Mama. Die Roma-Familie sei jetzt auseinander gerissen. Der Ehemann und der älteste Sohn lebten in Mazedonien Ein Sohn habe in den Niederlanden Asyl beantragt. Zwei Söhne seien dort in einem Heim untergebracht. Der Beitrag schildert die Problematik von Mutter-Kind-Plätzen in den Justizvollzugsanstalten und die Gefühle von betroffenen Müttern. Sämtliche Eingaben ihrer Anwältin an die Justiz, Mutter und Kind wieder zusammenzubringen, seien bislang negativ beschieden worden. Jetzt habe sich die Frau an den Verfassungsgerichtshof gewandt sowie Verfassungsbeschwerde eingereicht. Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma weist in seiner Beschwerde beim Deutschen Presserat darauf hin, dass eine Kennzeichnung der Frau als Roma für das Verständnis des berichteten Tathergangs nicht erforderlich gewesen sei. Mit der Kennzeichnung würden Vorurteile gegen die Roma geschürt. Die Chefredaktion der Zeitung bedauert, dass der besagte Artikel Thema einer Beschwerde werden konnte. Ihres Erachtens sei der inkriminierte Artikel nicht die Art von Berichterstattung, die der Ziffer 12 des Pressekodex unterfalle. Der Beitrag befasse sich mit den Haftbedingungen. Er erwähne zwar den Haftgrund, aber auch nur diesen und ergehe sich nicht in Schilderungen des Tathergangs. Im Vordergrund stehe die kritisch beleuchtete Praxis des Justizvollzugs, eine inhaftierte Mutter von ihrem 14 Monate alten Kind zu trennen.. (2001)
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„Statt ´Taufzeremonie´ gab´s ein wüstes Fest der Zigeuner“ titelt eine Regionalzeitung. Am gleichen Tag wird auch der Artikel „Die sind eingefallen wie die Heuschrecken – Mehrere hundert Zigeuner feierten Gelage im Schwimmbad“ veröffentlicht. Dann folgt noch der Beitrag „Tauf-Debakel treibt Moritz ins Freibad – Gemeinde hätte Reinigungskosten gern erstattet, bloß weiß man nicht, mit wem man es zu tun hat“. Die Zeitung informiert in den Beiträgen über eine „Taufzeremonie“ in einem gemeindlichen Schwimmbad. Danach ist – so die Zeitung – das Schwimmbecken verdreckt. Der Zentralrat der Sinti und Roma, der den Deutschen Presserat anruft, sieht in der Berichterstattung einen Verstoß gegen Ziffer 12 des Pressekodex. Die Minderheitenkennzeichnung sei für das Verständnis des berichteten Tathergangs nicht erforderlich und schüre Vorurteile. Die Redaktion der Zeitung, so deren Chefredaktion, „nennt die Dinge beim Namen“ und „beteiligt sich nicht an der Unsitte von Umschreibungen wie `gewöhnlich umherreisende Bevölkerungsgruppe´“. Sie weist darauf hin, dass die Benennung der Zugehörigkeit der am Geschehen beteiligten Personen für das Verständnis des berichteten Sachverhalts erforderlich gewesen sei und die Veröffentlichungen keinesfalls alle Sinti und Roma öffentlich stigmatisiert hätten. Außerdem sei eine Häufung von Diebstählen in der Stadt zu beobachten, die von Sinti und Roma verübt würden. (2001)
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„Plan gegen kriminelle Roma-Familien“ – unter dieser Überschrift berichtet eine Boulevardzeitung über politisch-rechtliche Schritte gegen die steigende Kriminalität in einer deutschen Großstadt. In einer gemeinsamen Erklärung von Polizei und Oberbürgermeister, die von der Zeitung zitiert wird, heißt es: „Seit Beginn des Jahres ziehen verstärkt illegal Roma-Familien aus dem ehemaligen Jugoslawien nach …“. Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma sieht in dem Artikel einen Verstoß gegen Ziffer 12 des Pressekodex. Die Minderheiten-Kennzeichnung sei für das Verständnis des berichteten Tathergangs nicht erforderlich und schüre Vorurteile. Er schaltet den Deutschen Presserat ein. Die Rechtsabteilung des Verlags erklärt, in dem Artikel werde nicht über eine konkrete Straftat berichtet. Vielmehr habe sich der Beitrag mit der allgemeineren und zugleich dringenderen Problematik, nämlich dem erheblichen Anstieg der Kriminalität in der Stadt, den vermuteten Ursachen und den geplanten Gegenmaßnahmen der städtischen Behörden, beschäftigt. An der Berichterstattung über diese Probleme bestehe ein hohes öffentliches Interesse. Die Erkenntnisse der Ermittlungsbehörden habe man so darstellen müssen, um nicht alle Flüchtlinge aus Ex-Jugoslawien in falschen Verdacht zu bringen. Die Gruppe der mutmaßlich kriminellen Einwanderer sei daher von der Gruppe der tatsächlich hilfsbedürftigen Flüchtlinge abzugrenzen gewesen, auch wenn dies gleichzeitig bedeute, sie zugleich als Angehörige einer ethnischen Minderheitengruppe zu nennen. (2001)
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„Roma wegen Drogenhandels verurteilt – Haftstrafen für Vater und Sohn“ – einen Artikel mit dieser Überschrift veröffentlicht eine Regionalzeitung. Darin geht es um ein Verfahren gegen sechs Familienmitglieder, die wegen Drogenhandels angeklagt sind. Im Text heißt es: „In der Wohnung der Roma-Sippe … wurde das Rauschgift auf die vierfache Menge gestreckt und dann in Beutel zu jeweils etwa vier Gramm Heroin portioniert.“ Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma sieht in dem Artikel einen Verstoß gegen Ziffer 12 des Pressekodex. Die Minderheiten-Kennzeichnung sei für das Verständnis des berichteten Tathergangs nicht erforderlich und schüre Vorurteile. Er wendet sich an den Deutschen Presserat. Die Chefredaktion der Zeitung hält es für geboten, auf Blick auf die Lebens- und Sicherheitsinteressen der überwältigenden Bevölkerungsmehrheit in Deutschland, vor allem in Fällen von Schwerkriminalität, auch die Herkunft der Täter zu nennen. Der gelegentliche Einwand, die Presse müsse besonders sensibel mit der Nennung der Herkunft von Kriminellen und Schwerkriminellen umgehen, müsse letztlich als Zumutung empfunden werden, wenn man bedenke, dass solche Kriminellen ihrerseits nicht die geringsten Skrupel haben, wenn es darum geht, anderen Menschen leid zuzufügen, auf welche Weise auch immer. Hinsichtlich der Verwendung des Begriffes „Zigeuner“ verweist die Redaktion auf Gepflogenheiten im Fernsehen. (2001)
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Eine Tageszeitung berichtet über die Verhandlung des Jugoslawien-Tribunals in Den Haag gegen drei der Täter, die im Sommer 1992 im bosnischen Foca muslimische Frauen und Mädchen erniedrigt, gefoltert, missbraucht und in ständiger Todesangst gehalten haben. In diesem Zusammenhang wird erwähnt, dass es Massenvergewaltigungen als Waffe nicht erst seit den Balkanwirren gibt. Schon immer seien Frauen gezielt zu Opfern des Krieges gemacht worden. So hätten laut den UN deutsche und japanische Truppen in den Weltkriegen systematisch Frauen vergewaltigt oder zur Prostitution gezwungen. Ein Leser der Zeitung nimmt Anstoß an dieser Darstellung und schaltet den Deutschen Presserat ein. Die Behauptung in einem Bericht der UN-Menschenrechtskommission, Unterkommission zur Verhütung von Diskriminierungen, sei falsch. Vergewaltigungen hätten in beiden Kriegen einen Straftatbestand erfüllt, der in allen gesetzlichen Fassungen mit Zuchthaus geahndet worden sei. Die Berichterstatterin der UN-Unterkommission, Linda Chavez, sei damals zurückgetreten. Ihre diskriminierende Behauptung sei nicht in die Schlussfassung des Berichtes übernommen worden. Auf Anforderung übersendet der Beschwerdeführer dem Presserat eine Stellungnahme des Auswärtigen Amtes vom 4. November 1996, in dem der stellvertretende Leiter des Arbeitsstabs Menschenrechte ihm mitteilt, dass die Bundesregierung die betreffende Behauptung von Frau Chavez als unzutreffend zurückweist. Die Bundesregierung erwarte daher, dass diese Behauptung im Schlussbericht nicht wiederholt werde. Die Redaktion Außenpolitik der Zeitung hält der Beschwerde entgegen, dass die gemachte Aussage nach wie vor zutreffend sei. Sie befinde sich in einem Bericht der UN-Sonderberichterstatterin Linda Chavez vom 16. Juli 1996. Die Behauptung werde zwar in dem Abschlußbericht von Chavez‘ Nachfolger Gay J. McDougall vom 22. Juni 1998 nicht mehr wiederholt, sie werde aber auch in keiner Weise widerrufen. Vielmehr sei der Chavez-Bericht nach wie vor auf den Internet-Seiten der UN veröffentlicht und für jedermann zugänglich. Ein einschränkender Hinweis in bezug auf die Behauptung über Massenvergewaltigungen durch deutsche Truppen in den Weltkriegen finde nicht statt. Auch habe das UN-Infozentrum in Bonn trotz Recherchen kein UN-Dokument über einen schriftlichen Einwand Deutschlands finden können. Da die Behauptung von Linda Chavez somit nach wie vor unwiderrufen im Raum stehe, ist die Redaktion der Ansicht, dass sie auch im Rahmen von Presseberichten zitiert werden dürfe. (2001)
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Eine Regionalzeitung berichtet zweimal über einen Mordprozess. Der Angeklagte gehört zur Volksgruppe der Sinti. In einem Artikel steht der Satz: „Ein weiterer Zeuge sagte gestern, er sei mit Sinti und Roma aufgewachsen. Wenn die sagten, sie hätten die Tat nicht verübt, dann könne man das glauben.“ Im zweiten Artikel heißt es: “…weil er der Volksgruppe der Sinti angehöre und ein Sinto seinen Bruder nicht verrate, zumal er das Familienoberhaupt sei, begründete der Angeklagte sein bisheriges Schweigen.“ Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma sieht in der Berichterstattung einen Verstoß gegen Ziffer 12 des Pressekodex und ruft den Deutschen Presserat an. Die Minderheiten-Kennzeichnung sei für das Verständnis des berichteten Tathergangs nicht erforderlich und schüre Vorurteile. Die Chefredaktion der Zeitung betont, dass sich die Redaktion generell und auch im vorliegenden Fall an die Gepflogenheiten halte, in Berichten über Straftaten oder in Gerichtsberichten nach Richtlinie 12.1 des Pressekodex zu verfahren. Dass der Angeklagte und weitere Verfahrensbeteiligte der Volksgruppe der Sinti angehörten, wäre üblicherweise gar nicht zur Sprache gekommen. Hier aber sei dieser Sachverhalt ausdrücklich vom Hauptangeklagten und einem Zeugen in das Verfahren eingeführt worden. Beide hätten auf die speziellen Familienbande und Verhaltensmerkmale hingewiesen, die sich aus ihrer ethnischen Zugehörigkeit herleiteten. Somit sei es Pflicht der Zeitung, den Lesern gegenüber die Verteidigungsstrategie des Angeklagten mit dem Hinweis auf die ethnische Zugehörigkeit zu veranschaulichen. (2001)
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Eine Lokalzeitung meldet, dass ein 45-jähriger Mann beinahe einer Betrügerin auf den Leim gegangen sei. Eine 31-jährige Jugoslawin, die der Gemeinschaft der Sinti und Roma angehöre, habe ihm versprochen, ihn für 50.000 Mark von einem Fluch zu erlösen. Eine Bekannte des Mannes sei jedoch hellhörig geworden und die Polizei habe die vorgebliche Flucherlöserin geschnappt. Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma sieht in der Kennzeichnung der Frau als Sinti oder Roma einen Verstoß gegen Ziffer 12 des Pressekodex und beschwert sich darüber beim Deutschen Presserat. Die Chefredaktion der Zeitung führt aus, dass laut Warnhinweisen der Polizei gerade die hier dargestellte Straftat charakteristisch für die Gruppe der Sinti und Roma sei. Somit bestehe ein begründeter Sachzusammenhang, auf den die Zeitung im Interesse der Leser hingewiesen habe. (2001)
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Der Angeklagte wird mit dem Tod bedroht, Zeugen massiv eingeschüchtert. Das Verfahren um die spektakuläre Explosion in einer „Zigeunervilla“ (Zitat aus dem Bericht der örtlichen Zeitung) wird vertagt. Im Gerichtssaal hätten sich Gruppen rivalisierender Sinti und Roma befunden, so die Zeitung weiter, so dass die Sicherheit der Prozessbeteiligten nicht mehr gewährleistet gewesen sei. In der Unterzeile ist von rivalisierenden Zigeunern die Rede. Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma sieht in dem Artikel einen Verstoß gegen Ziffer 12 des Pressekodex und wendet sich an den Deutschen Presserat. Die Minderheitenkennzeichnung sei zum Verständnis des berichteten Tathergangs nicht erforderlich und schüre Vorurteile. Die Chefredaktion der Zeitung nenne „die Dinge beim Namen“ und beteilige sich nicht an der Unsitte von Umschreibungen wie „gewöhnlich umherreisende Bevölkerungsgruppe.“ Sie weist darauf hin, dass die Benennung der ethnischen Zugehörigkeit der am Geschehen beteiligten Personen für das Verständnis des berichteten Sachverhalts erforderlich gewesen sei und der Artikel keinesfalls alle Sinti und Roma öffentlich stigmatisiert habe. Außerdem sei eine Häufung von Diebstählen im Verbreitungsgebiet der Zeitung zu beobachten, in die Sinti und Roma verstrickt seien. (2001)
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Eine Regionalzeitung berichtet über eine Wirtshausschlägerei. In dem Artikel steht der Satz: „Dort hatte sich ein Zigeuner lautstark über den Service der Küche beschwert“. Daran stößt sich der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma, der einen Verstoß nach Ziffer 12 des Pressekodex sieht und den Deutschen Presserat anruft. Die Minderheitenkennzeichnung sei für das Verständnis des berichteten Tathergangs nicht erforderlich und schüre Vorurteile. Die Chefredaktion der Zeitung teilt mit, sie „nenne die Dinge beim Namen“ und beteilige sich nicht an der Unsitte, von einer „gewöhnlich umherreisenden Bevölkerungsgruppe“ zu schreiben. Die Bezeichnung „Zigeuner“ sei für das Verständnis des berichteten Sachverhalts erforderlich gewesen. (2001)
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„M. B., ein in … lebender Sinti, wird zur Last gelegt, … vorsätzlich in den Unterkiefer geschossen zu haben“. Dieser Satz steht in einem Prozessbericht einer Regionalzeitung. Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma sieht in der Minderheitenkennzeichnung einen Verstoß gegen Ziffer 12 des Pressekodex und wendet sich an den Deutschen Presserat. Die Erwähnung, der Angeklagte sei Sinti, sei für das Verständnis des berichteten Tathergangs nicht erforderlich und schüre Vorurteile. Die Chefredaktion der Zeitung führt zu dieser Beschwerde aus, dass sie mit dem Beschwerdeführer Kontakt aufnehmen und versuchen wolle, die Angelegenheit in beiderseitigem Einvernehmen zu lösen. Eine weitere Stellungnahme der Zeitung liegt nicht vor. (2001)
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