Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3!

Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.

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Entscheidungsjahr
6642 Entscheidungen

Einen Menschen als “Dreck” bezeichnet

Unter der Überschrift “Du Drecks-Vater!” berichtet eine Boulevardzeitung über einen Mann, der seine kleinen Söhne bei 2 Grad Kälte in einer verwahrlosten Wohnung allein gelassen haben soll. Polizeibeamte hätten die Kinder befreit. Beigestellt sind dem Beitrag ein Foto des Vaters und Abbildungen der beiden kleinen Kinder. Sie werden jeweils mit Vornamen, abgekürzten Nachnamen und Alter dargestellt. Alle sind durch Augenbalken unkenntlich gemacht. Ein Leser der Zeitung beanstandet, dass die Überschrift des Beitrages gegen die Menschenwürde nach Ziffer 1 des Pressekodex verstößt, egal was der Mann gemacht habe. Des Weiteren verstoße die Berichterstattung gegen die Ziffern 11 und 13 des Pressekodex. Er schaltet den Deutschen Presserat ein. Die Zeitung äußert sich zu der Beschwerde nicht. (2006)

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Ehrverletzende Behauptungen

Eine Mutter bietet vier ihrer sechs Töchter Männern zum Sex an. Es kommt zu mehreren Prozessen. Die in der Region dominierende Zeitung berichtet mehrmals. Als die vorerst letzte Strafe im abschließenden Prozess erwartet wird, schreibt die Zeitung in einem Artikel unter der Überschrift “Grausamkeiten”: “Doch die Mädchen sind weiter Opfer, diesmal die einer besonderen Art von Grausamkeit – durch Nichtstun der Ämter”. Die Rolle des zuständigen Jugendamtes wird von der Zeitung kritisch gewürdigt: “Es gibt Vorwürfe gegen das Jugendamt (…). Bis heute heißt es dort: Die Kinder lügen. Monatelang hatte die Behörde die Anzeige von der Lehrerin ignoriert.” Die Zeitung konfrontiert die Beteiligten mit den Vorwürfen. Sie schreibt: “Das Jugendamt antwortet auf Fragen nicht, das Kinderheim (in dem die Kinder untergebracht sind) will auch nichts sagen und verweist auf das Jugendamt.” Die stellvertretende Heimleiterin sei die Schwiegertochter der Jugendamtsleiterin, deren Sohn wiederum Chef der Einrichtung. Die frühere Jugendamtsleiterin moniert diverse Passagen in dem Artikel, der insgesamt eine böswillige Verleumdung enthalte. Sie selbst werde durch oberflächliche und fehlerhafte Darstellung in Misskredit gebracht. Die Frau listet elf angreifbare Passagen in dem Artikel auf. Insbesondere die Behauptung “Die damalige Jugendamtsleiterin hatte dort (in dem Heim) ihre Schwiegertochter, als stellvertretende Leiterin. Und ihr Sohn ist der Chef vom Heimvorstand” suggeriere Vorteilsnahme und Amtsmissbrauch. Beides gab es und gibt es nach Ansicht der Beschwerdeführerin nicht. Sie ruft den Deutschen Presserat an. Die Chefredaktion der Zeitung weist darauf hin, dass die Beschwerdeführerin nur in den Punkten betroffen sei, die die anfänglichen Versäumnisse des Jugendamts zum Thema gehabt hätten. Von Beginn an allerdings sei den Medien, die sich als Anwalt der Kinder verstanden hätten, von Stadt und Kreis Misstrauen entgegengebracht worden. Selbst wenn es Versäumnisse des Jugendamtes vor der Aufdeckung des Skandals gegeben habe, bleibe unklar, warum nicht wenigstens hinterher alles unternommen worden sei, um den Kindern zu helfen. Stattdessen werde gemauert und nicht offen auf die Frage der Presse geantwortet. Die Beschwerdeführerin nehme haltlose Unterstellungen vor, obwohl sie Einzelheiten nicht beurteilen könne, da sie zu der genannten Zeit nicht mehr im Dienst gewesen sei. Die Zeitung weiter: “Woher hat Frau (…) die Informationen über die Betreuung und Versorgung bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt, wenn es keine persönlichen Verbindungen bis ins Kinderheim gab? Dass der Sohn der Chef vom Heimvorstand ist, kann man im Internet nachlesen. Die Schwiegertochter wurde (…) als stellvertretende Heimleiterin vorgestellt.” (2005)

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Streit um eine kunstvolle Holzdecke

Unter den Überschriften “Hat er ein wertvolles Stück Holz unterschlagen?”, “Kunst-Klau - …überführt Politiker!” sowie “Herr Stadtrat, warum sagen Sie nichts mehr?” berichtet eine Boulevardzeitung über den Verbleib einer kunstvoll geschnitzten Holzkassettendecke. Die Zeitung wirft dem Beschwerdeführer vor, diese Decke aus einem versteigerten und unter Denkmalschutz stehenden Haus entfernt und im eigenen Haus aufgehängt zu haben. Dies wird als “Unterschlagung” und “Kunst-Klau” bezeichnet. Die Zeitung beruft sich auf eine Anzeige des Landesdenkmalamtes sowie ein Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft. Der Beitrag ist mit einem von außen aufgenommenen Foto illustriert, auf dem die Kassettendecke in einem Haus des Beschwerdeführers zu sehen sein soll. Dieser lässt sich durch einen Anwalt vertreten. Er wehrt sich gegen den von der Zeitung erweckten Eindruck, er habe das Werk gestohlen oder unterschlagen. Die Decke sei nicht verschwunden, da alle Beteiligten wüssten, wo sie sich befinde. Der Beschwerdeführer habe auch der Zeitung gegenüber niemals geleugnet zu wissen, wo das Werk abgeblieben sei. Das angegebene Haus gehöre nicht dem Beschwerdeführer. Es liege kein Diebstahl oder eine Unterschlagung vor, da juristisch ein rechtmäßiger Besitz und Eigentumsübergang an den Beschwerdeführer erfolgt sei. Die Zeitung wisse auch, dass die Berichterstattung falsch gewesen sei. Sie habe dem Mandanten gegenüber eine Unterlassungsverpflichtungserklärung abgegeben, weigere sich jedoch gleichwohl, die Wahrheit zu schreiben. Der Stadtrat wendet sich an den Deutschen Presserat. Die Rechtsabteilung der Zeitung hält die Beschwerde für unbegründet. Es sei strittig, ob der Beschwerdeführer mitgeteilt habe, wo sich die Kassettendecke befinde. Er habe vielmehr geleugnet zu wissen, wo die Decke nunmehr sei. Hierbei handle es sich um den Schwerpunkt der Beschwerde. In Bezug auf kleinere Ungenauigkeiten, die die tatsächliche Eigentumslage an den im Artikel genannten Immobilien betreffen, habe die Zeitung eine Unterlassungserklärung abgegeben. Die Bezeichnung Kunst-Klau hält die Zeitung für vertretbar und weist auf das eingeleitete Ermittlungsverfahren hin.

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Verbindungen auffällig, aber nicht anstößig

Eine Regionalzeitung veröffentlicht drei Artikel und einen Leserbrief über einen Fall von Kinderprostitution. Sie setzt sich kritisch mit der Rolle der Behörden und einiger ihrer Mitarbeiter auseinander. Der Trägervereinsvorsitzende des Kinderheims, in dem fünf der sechs betroffenen Mädchen untergebracht sind, ist Sohn der vormaligen Jugendamtsleiterin, die Schwiegertochter arbeitet dort als pädagogische Fachkraft. Eine derzeitige Sachbearbeiterin im zuständigen Jugendamt war früher Erzieherin im Heim, die psychologische Betreuerin eines der Kinder ist die Tochter der früheren Jugendamtsleiterin. So heißt es in dem Artikel: “Die mitunter verwandtschaftlichen Verbindungen mach Beteiligter, die Nähe von Amt und Heim, sie mögen auffällig sein, aber nicht anstößig. Fragen unserer Zeitung wollten sich die frühere Jugendamtsleiterin und ihre Tochter nicht stellen. Die Bitte um ein Gespräch lehnt stellvertretend ihre Anwältin ab.” Die Beschwerdeführerin – es handelt sich dabei um die frühere Jugendamtsleiterin – beanstandet, dass in der Berichterstattung Interessenkollisionen, Amtsmissbrauch und Vorteilsnahme suggeriert würden. Die Zeitung konstruiere persönliche Verquickungen und berichte sensationswirksam. Diverse Äußerungen seien unbedacht und problematisch, da sie eine unnötige Belastung der Kinder darstellten. Die sie unmittelbar betreffenden Passagen seien herabwürdigend, beleidigend und ehrverletzend. Die Frau wendet sich an den Deutschen Presserat. Die Chefredaktion steht auf dem Standpunkt, es sei legitim zu thematisieren, dass die Beschwerdeführerin als Sachbearbeiterin im Jugendamt mit dem Fall befasst blieb. Sie beanstandet überdies, dass das Landratsamt offensichtlich Korrespondenzen mit der Zeitung unerlaubterweise an die Beschwerdeführerin weitergeleitet habe. (2006)

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Behördliches Tun lässt Fragen offen

“Amtlich gekümmert und Kinder doch allein gelassen – Im Prozess um die …. Kinderprostitution fiel das vorerst letzte Urteil – doch zum Agieren des Jugendamtes bleiben Fragen offen” – Aussagen aus einer Regionalzeitung zum Gerichtsverfahren in einem Fall von Kinderprostitution. Die Zeitung hat das Strafverfahren fortlaufend begleitet. Sie setzt sich kritisch mit der Rolle der Behörden und einiger ihrer Mitarbeiter auseinander. Dabei wird die Mutter der Beschwerdeführerin, vormals Leiterin des zuständigen Jugendamtes, mit Namen erwähnt. Es geht auch um die Tatsache, dass es zwischen dem Jugendheim, in dem die Kinder untergebracht sind, und dem Jugendamt verwandtschaftliche Verbindungen gibt. Die Beschwerdeführerin, Tochter der früheren Jugendamtsleiterin und Psychologin, die in dem Prozess als Zeugin auftrat, ist der Meinung, die Zitate suggerierten Interessenkollision, Amtsmissbrauch und Vorteilsnahme. Die Zeitung konstruiere persönliche Verquickungen und berichte sensationswirksam. Dies sei eine bewusste Manipulation. Die erhobenen Vorwürfe würden lediglich beiläufig kurz entkräftet. Das führe dann zu einer widersprüchlichen Darstellung mit doppelsinnigen Botschaften. So weit sie selbst und ihre Mutter Thema seien, handle es sich um Verleumdungen und eine Veröffentlichung mit ungeprüften falschen Behauptungen, sowie die Unterdrückung von objektiven und nachprüfbaren Informationen. Sie wendet sich an den Deutschen Presserat. Die Beschwerde ist nach Auffassung der Chefredaktion der Zeitung unbegründet und deshalb zurückzuweisen. In dem Hintergrundbeitrag sei aufgearbeitet worden, welche Fragen im Zusammenhang mit dem Handeln der Behörden noch offen seien. In der vorangegangen Behandlung des Falles durch den Presserat (BK1-175/05) sei festgehalten worden, dass die Verwandtschaftsverhältnisse grob thematisiert werden können und sollten. Sie seien in dem fraglichen Artikel in sachlicher Form erwähnt worden. (2006)

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Leser fordert: “Zurückschicken”

Unter der Überschrift “Zurückschicken” veröffentlicht eine Regionalzeitung einen Leserbrief, in dem es unter anderem heißt: “Trotz deutschen Passes (leider) reden sie (gemeint sind die Deutschrussen) untereinander russisch, was für uns Einheimische beleidigend ist. Als Konsequenz aus dem Vorfall wäre es richtig, den deutschen Pass einzuziehen und die Leute in ihr Heimatland zurückzuführen.” Eine Gruppe Betroffener kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass die Zeitung “hier nicht nur zum stillschweigenden Mittäter wird, sondern im Wissen um diese Inhalte auch selber bereit ist, den Konflikt mit zu schüren.” Sie wertet die Veröffentlichung als offensichtlich rassistisch und volksverhetzend und wendet sich an den Deutschen Presserat. Die Chefredaktion weist darauf hin, dass sie frei ist in der Auswahl der Leserzuschriften und welche sie abdrucke und welche nicht. Anders als vom Beschwerdeführer angenommen, liege in diesem Fall eine so genannte Rassenfrage offensichtlich gar nicht vor. Die Zeitung betont, dass es in der Tat Schwierigkeiten mit der Integration und der Gewaltbereitschaft bestimmter Einwanderungsgruppen vor Ort gibt. “Wir verstärken sie nicht, wir übersehen und unterdrücken sie aber auch nicht. Denn das entspräche nicht der Aufgabe einer lokalen Monopolzeitung.” (2006)

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Nervenzusammenbruch nach Preisnachlass

In einer Lokalzeitung steht eine Glosse unter der Überschrift „Rabatte für Schwangere“. Darin geht es um das ungewöhnliche Verhalten einer Supermarkt-Kassiererin, die einigen Kunden zehn Prozent weniger als den eigentlich fälligen Betrag abverlangt hat. Ein junger Mann habe, weil er Zivildienstleistender gewesen sei, Rabatt erhalten. Diesen Vorteil an der Ladenkasse wollte der Autor der Glosse ebenfalls in Anspruch nehmen. Die Euro-Summen der einzelnen Einkäufe werden genannt. Die Kassiererin und ihr Ehemann beschweren sich beim Deutschen Presserat über die Glosse. Die numerischen Angaben im Beitrag seien falsch gewesen. Zudem habe der Artikel zur Folge gehabt, dass die Beschwerdeführerin ihren Arbeitsplatz verloren und einen Nervenzusammenbruch erlitten habe. Der Redaktionsleiter der Zeitung spricht in seiner Stellungnahme von der humorvollen Aufarbeitung einer wahren Begebenheit. Der Redakteur selbst sei Begünstigter des Preisnachlasses gewesen. Die Zahlen seien verändert worden, um die Ermittlung der Supermarktkasse zu verhindern. (2006)

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Die Nichte hat die Brände gelegt

“Brand zerstört den ….-Hof”, “Freitod nach dem Großbrand” und “Die Nichte gesteht die Brandstiftung” lauten die Überschriften, unter denen eine Regionalzeitung ausführlich über ein ländliches Drama berichtet. Der Brand und die Löscharbeiten werden ausführlich geschildert und auch die Namen der Familienmitglieder genannt. In einem der Beiträge wird auch darüber berichtet, dass einer der Söhne des Bauern sich angesichts des Brandes trotz eines “schwierigen Verhältnisses” wieder mit dem Vater versöhnt habe, dann jedoch tot aufgefunden worden sei, nachdem er sich in seinem Wagen mit Abgasen das Leben genommen habe. Die Zeitung zitiert einen Polizeisprecher mit der Aussage, man könne “den Brand und den Tod des Sohnes nicht von einander losgelöst sehen.” Die Zeitung berichtet auch, dass eine Angehörige der Familie gestanden habe, diesen und andere Brände gelegt zu haben. Wegen des Verdachts pyromanischer Veranlagung sei sie ins psychiatrische Landeskrankenhaus eingewiesen worden. Weiter wird klargestellt, dass der Selbstmord nach Mitteilung der Staatsanwaltschaft nichts mit dem Brand zu tun gehabt habe, der Grund für den Suizid jedoch noch unklar sei. Zwei Beschwerdeführer sehen eine Verletzung der Persönlichkeitsrechte des Verstorbenen und seiner Angehörigen durch die Ausbreitung innerfamiliärer Details, an denen kein öffentliches Interesse bestehe. Unzulässig sei der Eindruck vermittelt worden, der Sohn habe den Brand gelegt, möglicherweise sogar von der Familie gewollt. Sie rufen den Deutschen Presserat an. Der Chefredakteur der Zeitung räumt ein, dass es grundsätzlich schwierig sei, einem Unglück dieser Dimension gerecht zu werden – gerade im ländlichen Raum, wo jeder jeden kenne und schon die geringste Andeutung im Text genüge, um die Betroffenen zu identifizieren. Hinsichtlich der Brandursache habe die Zeitung lediglich den Pressesprecher der Polizei zitiert, der den Zusammenhang des Brandes mit dem Tod des Sohnes selbst angedeutet habe. Die Entscheidung, über den Selbstmord zu berichten, habe die Redaktion nach eingehender Abwägung getroffen, da zum Zeitpunkt der Berichterstattung ein Zusammenhang mit dem Brand nicht ausgeschlossen werden konnte. Die Chefredaktion räumt ein, dass einige Details der Berichterstattung unnötig gewesen seien. Dazu zählt sie die Nennung der Namen aller Familienangehörigen, die an einer Geburtstagsfeier teilgenommen hätten. Damit habe man über das Ziel der “wahrhaftigen Unterrichtung der Öffentlichkeit hinausgeschossen”. Dafür habe sich der Leiter der zuständigen Redaktion bei dem Hofbesitzer entschuldigt. (2006)

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Prozess in besonders gesichertem Gericht

“Kampf um jeden Meter” überschreibt eine Regionalzeitung ihren Bericht über einen Mordprozess. Nach ihrer Beobachtung werde die Anklage zur Nebensache, weil sich Verteidiger, Staatsanwaltschaft und Gericht angeblich einen Kleinkrieg lieferten. Der von einem Anwalt vertretene Beschwerdeführer beanstandet vor allem drei Passagen des Berichtes. Es sei nicht zutreffend, dass der Anwalt nicht mit den bestellten Pflichtverteidigern zusammenarbeite. Gleiches gelte für die Formulierung, dass er das Gericht keines Blickes würdige. Und schließlich werde durch eine weitere Formulierung in dem Bericht unterstellt, dass der Angeklagte einem Mafia-Clan angehöre. Auch dies sei unzutreffend. Vor allem sei unklar, aufgrund welcher Quellenlage der Bericht entstanden sei, da jedenfalls niemand mit dem Anwalt gesprochen habe. Der Beschwerdeführer wendet sich an den Deutschen Presserat. Der stellvertretende Chefredakteur der Zeitung ist der Auffassung, die Zuordnung des Angeklagten zu einer “weich umrissenen” Personengruppe durch die umgangssprachliche Formulierung “Mafia-Clan” sei zu rechtfertigen. In der Anklageschrift sei von mafiaähnlichen Strukturen ausdrücklich die Rede. Die Formulierung sei auch dadurch zulässig, dass der Prozess entgegen sonstiger Übung in einem besonders gesicherten Gerichtsgebäude stattgefunden habe. Die dort vorhandenen Räume seien extra für Prozesse gegen die organisierte Kriminalität vorgesehen. (2005)

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“Rückrufaktion” allgemeiner Sprachgebrauch

Eine Fachzeitschrift berichtet über die vermeintliche Rückrufaktion eines Motorradherstellers. Es geht um einen Fehler im Antiblockiersystem. In dem Artikel heißt es weiter, die Staatsanwaltschaft habe Ermittlungen gegen drei Manager des Herstellers im gleichen Zusammenhang eingestellt. Ein Leser der Zeitschrift teilt mit, dass es sich nicht um eine Rückrufaktion, sondern um eine freiwillig technische Aktion des Herstellers handle. Juristisch sei dies ein erheblicher Unterschied. Weiterhin kritisiert er, dass nicht darüber informiert wurde, dass zwar das Verfahren gegen die Manager eingestellt wurde, die Staatsanwaltschaft dann aber ein Verfahren gegen Unbekannt wegen fahrlässiger Körperverletzung eingeleitet habe. Andere Medien hätten dies berichtet. Der Leser wendet sich an den Deutschen Presserat. Die Rechtsabteilung der Zeitschrift hält es für unerheblich, ob es sich um einen freiwilligen oder einen angeordneten Rückruf gehandelt habe. Auch eine freiwillige Maßnahme des Herstellers zur Beseitigung von Gefahren werde zulässig und im Wortlaut aller einschlägigen Vorschriften entsprechend als Rückruf bezeichnet. Auch aus der weiteren Darstellung im Artikel ergebe sich der Umstand des freiwilligen Rückrufs zweifelsfrei. Eine Verpflichtung, über ein Strafverfahren wegen fahrlässiger Körperverletzung gegen Unbekannt zu informieren, habe für die Redaktion nicht bestanden. Die Aufnahme eines solchen Verfahrens in einen Artikel sei nicht durch eine Rechtsvorschrift geboten und stünde im alleinigen Ermessen der Redaktion. (2006)

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